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Walther Kabel: Die vier Teilhaber (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 1)

Die vier Teilhaber. – Im Jahre 1869 gastierte Adeline Patti in der durch ihre Tulpenzucht berühmten holländischen Stadt Mastricht. Da die berühmte Sängerin damals auf der Höhe ihres Ruhmes stand, mußte der Direktor des dortigen Theaters ihr für das Gastspiel ein recht erkleckliches Sümmchen zahlen. Um diese Ausgabe wieder einzubringen, erhöhte er die Eintrittspreise um das Dreifache.

Vier musikliebende Mastrichter Bürger, die nicht eben reich waren und doch die Patti gar zu gern wenigstens einmal auf der Bühne gehört hätten, kauften sich nun zu einer Aufführung von Donizettis „Luzia von Lammermoor“ zusammen eine Eintrittskarte und losten untereinander aus, wer von ihnen den ersten, zweiten, dritten oder vierten Akt genießen solle.

Alles klappte an dem Vorstellungsabend wunderschön – bis zum vierten Akt. War ein Akt zu Ende, so eilte der jeweilige Inhaber während der Pause in das dem Theater gegenüberliegende Café „Venetien“ und händigte seinem Nachfolger die Eintrittskarte aus. Wie nun die Reihe an den vierten kommt, einen braven Hutmacher, namens Groonyer, eilt dieser hochbeglückt in den Musentempel, nimmt seinen Platz ein und wartet ungeduldig auf das Hochgehen des Vorhangs.

Wer aber beschreibt die Enttäuschung des Ärmsten, als der Tenor sofort den Akt mit der Trauerarie eröffnet: „Luzia ist tot.“ Noch hofft Groonyer, Luzia würde vielleicht doch noch einmal lebendig werden. Aber der Akt geht zu Ende, ohne

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Walther Kabel: Die vier Teilhaber (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 1). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1914, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_vier_Teilhaber.pdf/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)