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woselbst es dem Boltraffio zugeschrieben wird. Ebenso die s. g. „Vierge au coussin vert“, der Louvregalerie[1]. In der Mitte des Jahres 1507 reiste Solari von Mailand nach Frankreich mit Empfehlungen vom Chaumont an dessen Onkel, den Cardinal Georg von Amboise, für welchen Andrea Solari auch zwei Jahre lang in Gaillon beschäftigt war. Der ehrsüchtige Cardinal, der nach dem Tode Pius des III. sich einige Zeit lang mit der Hoffnung getragen hatte, die Papstwürde zu erreichen, hatte nämlich seinem Neffen, dem Stellvertreter Ludwig des XII. im Mailändischen, den Wunsch geäußert, dem großen Leonardo da Vinci die Ausschmückung seiner Schloßcapelle in Gaillon anzuvertrauen. Allein Leonardo war dazumal so sehr von fortificatorischen und hydraulischen Arbeiten im Mailändischen in Anspruch genommen, daß er nicht einmal die Zeit finden konnte, für den König Ludwig ein Madonnenbild auszuführen.[2] Chaumont sendete ihm daher statt des Leonardo den Andreas Solari, welchen er nach dem Florentiner für den besten damals im Mailändischen lebenden Meister zu halten berechtigt war. Andreas Solari vollendete seine Arbeit im Schlosse Gaillon im September des Jahres 1509.

Vom Jahre 1507 ist das unschöne Bild „der Kopf des enthaupteten Täufers auf einem Präsentirteller“ (der nämliche


  1. Sowohl die „Vierge[a 1] au coussin vert“, als auch die „Kreuzigung“ (396 der Louvregalerie), der „Eccehomo“ bei Baron Sternburg, der „Kopf des enthaupteten Johannes des Täufers“ (397 der Louvregalerie) tragen die nämliche Bezeichnung:
    ANDREAS DE SOLARIO FA.
    Das letztgenannte Bild ist vom Jahre 1507 und viel nachlässiger, sowohl in Zeichnung als Modellirung, als die berühmte Vierge au coussin vert, die wohl einige Jahre früher von Solario ausgeführt sein dürfte. Er mag also diese Bilder mit sich nach Frankreich gebracht haben. Wie bekannt trat er dann die „Vierge au coussin vert“ einem Kloster von Blois ab.
  2. Siehe Gaye Carteggio etc. Bd. II, S. 94, 95 und 96.

Druckfehlerverzeichnis

  1. Vorlage: Vierga
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/95&oldid=- (Version vom 31.7.2018)