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und da er etwas bucklig war, so bekam er den Zuname il gobbo d. h. der Bucklige.[1] Andreas war diesem Bruder sehr zugethan, auch scheint er demselben bei allen Veränderungen seines Aufenthaltes gefolgt zu sein. Daher kommt es wohl, daß die Bilder des Malers bald Andreas Mediolanensis, bald Andreas de Solario bezeichnet sind; die erstere Aufschrift steht auf jenen Werken, die er fern von Mailand gemalt[2], die zweite auf jenen, die er in Mailand selbst ausgeführt. – Andreas wird bei ältern Schriftstellern auch Andrea del Gobbo genannt, woraus zu schließen wäre, daß Christoph beim jüngern Bruder Andreas gleichsam Vaterstelle vertreten habe. Mancher Schriftsteller verwechselt ihn mit Andreas Salaino, dem Famulus von Leonardo da Vinci. Der verstorbene Otto Mündler in seiner musterhaften „Analyse critique de la notice des tableaux italiens du Louvre – Paris 1850,“ hat zuerst das Verdienst gehabt, über den Charakter auch dieses Künstlers Licht zu verbreiten. Ihm sind sodann die Herren Cr. u. Cav. gefolgt, haben aber in ihrem Kapitel über den Andreas Solario einiges Neue hinzugefügt, das mir durchaus unhaltbar scheint. Wer sein eigentlicher Lehrer gewesen, ist noch nicht ermittelt. In der ausgezeichnet feinen Modellirung seiner Köpfe sieht man die Schule, die er wohl bei seinem Bruder, dem Bildhauer, durchgemacht haben muß. Kein lombardischer Maler kommt dem Leonardo so nahe wie er, hat solche Köpfe zu Stande gebracht wie z. B. den des „Ecce homo“ der Poldigalerie (Mailand). In der Modellirung der Hände bleibt


  1. Monsieur Villot machte dagegen in seinem Louvrekataloge den Andreas selbst zum Buckligen, was nicht schön von ihm war, während im neuesten Kataloge der Louvregalerie Christoph zum Vater des Andreas erhoben wird.
  2. Nach demselben Princip bezeichnet Andreas Previtali auch Andreas Bergomensis; Vicenzo Civerchio Vicentius Cremensis; Giuliano Bugiardini Julianus Florentinus u. s. f.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)