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Bazzi, il Sodoma genannt. Es hängt im Cabinet 20 und stellt die h. Familie dar, (1194). Der Name „de’ Tizzoni“, einer altadeligen Familie von Vercelli, wurde zuweilen aus Eitelkeit auch auf Bazzi übertragen, obwohl Giovanantonio in keinem Verwandtschaftsverhältnisse zu jener Familie stand. Vielleicht hat die Familie Tizzoni den Bazzi in seiner Jugend protegirt; denn der Vater des Sodoma war ein armer Mann, seines Handwerks Schuster; auch wurde Bazzi nicht im Jahre 1474, sondern 1477 geboren, noch war er Schüler des um sieben Jahre jüngern Girolamo Giovenone, sondern er machte seine erste Lehrzeit von 1490 bis 1497 beim Glasmaler Spanzotti von Vercelli durch. Bald nachher aber scheint er nach Mailand übergesiedelt zu sein, woselbst er sich unter dem Einfluße Leonardo’s da Vinci weiter ausbildete. Im Jahre 1501 finden wir ihn schon in Siena niedergelassen, in welcher Stadt er mit den Jahren eine Schule stiftete und wo er an den dortigen Malern Beccafumi und Baldassare Peruzzi Nachahmer fand. Ein diesem sehr ähnliches Bildchen von Sodoma, doch feiner in der Ausführung, besitzt die Turiner Pinakothek.

Der Katalog führt sodann einige Bilder an, die er der Schule des Leonardo da Vinci zuweist. Zwei hängen im Saale 9, das eine, No. 545, stellt die h. Caecilie dar und ist, meiner Ansicht nach, nichts anders, als eine unschöne vlämische Kopie nach dem Raffael’schen Porträt der Giovanna d’Aragona (im Louvre); in diesem Bilde ist die Dame in eine Cäcilie verwandelt. Eine ähnliche vlämische Arbeit, aber besser erhalten, befindet sich in der Doria-Galerie zu Rom, wenn ich nicht irre dort unter dem Namen des Leonardo da Vinci. Das andere Bild trägt die Nummer 564 und stellt die h. Jungfrau in einer offenen Felsengrotte dar mit dem neben ihr liegenden Jesuskinde. Ich begreife ganz wohl, daß einem Manne, der von der Künstlergestalt des Leonardo da Vinci sich solche Begriffe macht, wie Herr Professor Marggraff, dieses Madonnenbild als aus der Schule

Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)