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2. Die Ferraresen und Bolognesen.

Die Provinz des Polesine wird nur durch den Po von jener Ferrara’s getrennt, und noch heutzutage ist auch einem fremden Ohre der venezianische Klang im romagnolischen Dialekte der Ferraresen leicht vernehmbar. Ich habe schon in meinem Aufsatze über die Galerie Borghese[1] flüchtig aufmerksam gemacht auf das innige Verhältniß zwischen den paduanisch-venezianischen Malerschulen und denen der Romagnolen im Allgemeinen und besonders der Ferraresen und dabei wohl auch der Namen Ansuino und Melozzo da Forli, Cosimo Tura, Stefano und Bono von Ferrara, Marco Zoppo von Bologna, Lattanzio da Rimini und Niccolò Rondinello von Ravenna, Dosso Dossi und Scarsellino von Ferrara, schließlich auch des Antonio Allegri aus Correggio erwähnt. Dieses durch die Natur der Dinge und durch Wahlverwandtschaft bedingte und daher leicht erklärliche Wechselverhältniß zwischen den Romagnolen und den Venezianern wurde im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts gestört durch den hellen, blendenden Schein, den die Arbeiten des Rafael und des Michelangelo im Vatican über ganz Italien verbreiteten, und der gar viele Romagnolen bewog, sich nach Rom zu wenden. Der erste und größte unter diesen Romagnolen war der Ferrarese Benvenuto Tisio, Garofolo genannt; ihm folgten später


  1. Mitgetheilt in der „Zeitschrift für bildende Kunst“. IX. Jahrg.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)