Seite:Die Werke italienischer Meister (Morelli).pdf/37

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in meinem Sinne aufzuklären. Die ältern Schriftsteller, welche uns über Palma berichteten, wie Vasari und sodann C. Ridolfi, stellten uns denselben jünger als Tizian und Giorgione dar, und der venezianische Berichterstatter des Vasari, der um ein Dutzend Jahre nach dem Tode Palma’s dem Aretiner über Palma und Lotto referirte, läßt ihn 48 Jahre alt sterben. So ging damals die Rede bei den Malern in Venedig. Warum sollen wir an dieser Angabe zweifeln? Haben wir etwa positive Gründe die das Gegentheil beweisen? Gewiß nicht! Wir werden weiterhin bei der Biographie des Antonello von Messina sehen, daß Vasari in dergleichen Altersangaben der Künstler, die ihm ja gewöhnlich von vorurtheilsfreien, unpartheiischen Leuten mitgetheilt wurden, nicht so grobe Verstöße gegen die Wahrheit machte, wie dieß gar oft in den Berichten geschieht, die er aus seinem eigenen Kopfe hinzusetzen zu müssen wähnte, um seine Erzählungen interessant zu machen. – Nun wurde vor etlichen Jahren das Testament und das Todesjahr des Palma entdeckt;[1] Palma starb danach 1528, und ist er, wie dem Vasari von Venedig aus berichtet wurde, im Alter von 48 Jahren gestorben, so muß er 1480 geboren worden sein; ob in Venedig oder in Serinalta ist allerdings nicht zu entscheiden.

Vasari nennt ihn Palma viniziano, was also vermuthen ließe, daß er, wie sein Großneffe, Palma der jüngere, in der Lagunenstadt auf die Welt gekommen sei; spätere Schriftsteller aber lassen ihn in Serinalta, der Heimath seiner Eltern, geboren sein. Dem sei nun, wie ihm wolle, Palma ist als Maler ein Venezianer, als Künstler aber ein zum Venezianer gewordener Bergamaske, denn trotz seiner künstlerischen Erziehung in der Lagunenstadt hat er seine Bergnatur doch nie ganz in seinen Werken zu verläugnen vermocht. Den Gestalten des Giorgione


  1. Siehe den am Schluß dieses Abschnitts mitgetheilten Auszug aus der Raccolta Veneta.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/37&oldid=- (Version vom 31.7.2018)