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alles andere war den Raubvögeln und dem Zahne der Zeit zum Opfer gefallen und spurlos verschwunden. Sachen aus anderem Metall, wie zum Beispiel Taschenmesser, waren vor Rost ganz unkenntlich geworden. Die Raubvögel hatten die Gegend verlassen, weil es nichts mehr für sie zu fressen gab.

Richard erreichte den Marktplatz mit der Kirche. Dieser war cementiert gewesen, deshalb hatte er sich nur mit einer Moosart überziehen können. Aber auch diese würde den harten Boden sprengen. An den Schleusen aber hatten sich schon Gebüsche gebildet.




Die zukünftigen Raubtiere.

Plötzlich erfüllte ein durchdringendes Pfeifen die Luft, und Richard sah, nicht weit von sich entfernt, eine Schar Mäuse aus einer Hausthür kommen. Doch nein, das, was er sah, war nur der Anfang eines unerschöpflichen Stromes, der sich quer über den Marktplatz ergoß und in einem anderen Hause verschwand, während aus dem ersten immer neue hervordrangen.

Erschrocken war Richard auf einen hohen Prellstein gesprungen. Es war ein scheußliches Gewimmel; es mußten Millionen sein. Wie war das möglich? Nun, es brauchten nur ein Dutzend Mäusepaare am Leben geblieben sein, nur die auf dem Turm gewesenen, so war das Rätsel gelöst. Ein einziges Mäusepaar kann ja in einem Sommer eine Nachkommenschaft von 25000 Jungen haben, und das ist noch eine ganz mäßige Berechnung. Hier hatten die Mäuse außerdem auch keinen nachstellenden Feind gehabt, denn Mausefallenhändler, giftstreuende Kammerjäger und Katzen waren ja tot, und Raubvögel allein konnten die Vermehrung wenig beeinträchtigen.

Aber sie hatten doch Feinde, Richard bemerkte es erst, als er sich an das Gewimmel gewöhnte. In dem lebenden Strome befanden sich nämlich auch Ratten, sie würgten die Mäuse ab. Solch eine Ratte trug soeben eine besonders große

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Robert Kraft: Die Totenstadt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Totenstadt.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)