Barren bis zu den kleinsten Stücken, deren geringe Typenreste oft nur schwer erkennen lassen von welchem Bilde sie einen Bruchteil darstellen.
Es geht aus alledem klar hervor, dass die Barren nicht gegossen wurden im Sinne einer bestimmten Anzahl von Vielheiten des Asses, dass daher bei ihnen weder von „Quincussen“, noch von „Quadrussen“ die Rede sein kann. Will man sie durchaus nach Assen berechnen, so schwanken sie zwischen ca. 31/2 und 51/2 Assen des schweren, bezw. zwischen ca. 4 bis nahezu 7 Assen des leichten Gewichtspfundes. Da sie mithin einem bestimmten Sollgewicht nicht entsprechen, so erhielten sie auch kein Wertzeichen und konnten ein solches nicht erhalten. Schliesslich weist die Häufigkeit der Fragmentirung bei den Barren im Gegensatz zu deren Seltenheit bei den Münzen darauf hin, dass Gebrauchsweise und Zweckbestimmung der Barren eine wesentlich andere war als bei dem gemünzten Gelde.
Die Frage, ob die Barren Münzen gewesen seien, ist hiernach unbedingt zu verneinen; es fragt sich nur ob sie Geld waren, denn Geld ist ein weiterer Begriff als Münze. Jede Münze ist Geld, nicht aber Geld auch stets Münze.
In dieser Beziehung liegt der Gedanke nahe, dass die Barren neben dem zu zählenden Gelde eine andere, nämlich die zu wiegende Geldsorte dargestellt hätten und dass sie gerade in dieser speziellen Funktion als die verfeinerten Nachfolger der alten Rohbarren zu denken seien. Indess besteht zwischen ihnen und den Rohbarren ein wesentlicher Unterschied. Nicht die kunstvollendeten Typen sind das Hauptmerkmal der Unterscheidung, vielmehr der innere Gehalt des Metalls. Die Rohbarren bestehen aus allen möglichen Mischungen, der Art, dass bei ihnen gleiches Gewicht noch keineswegs gleichen Wert bedingt. Ferner sind die Rohbarren Erzeugnisse der Privatindustrie. Bezeichnet man daher auch die Rohbarren bereits als Geld, so geht man zu weit. Geld muss auch ungemünzt mindestens die Eigenschaft der Fungibilität besitzen; ein bestimmtes Quantum muss einem anderen gleichgrossen Quantum wertgleich sein. Metallstücke, die diesem Erfordernis nicht entsprechen, sind nicht Geld, sondern Tauschware, deren Wert bestritten und nicht immer mit der Wage allein festgestellt werden kann. Im Gegensatze hierzu bestehen die campanischen Barren aus Münzmetall, sind also unter sich qualitativ wertgleich und fungibel. Sie sind überdies ausgegeben von der staatlichen Autorität. Sie besitzen demnach die wesentlichen vom Gelde zu erfordernden Eigenschaften und wenn es neben ihnen kein gemünztes Geld gegeben hätte, so waren sie unzweifelhaft geeignet an Geldesstatt zu dienen. Die Unbequemlichkeit der Wägung hindert an diesem Gesichtspunkte nichts.
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/59&oldid=- (Version vom 31.7.2018)