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Bestimmung derselben für nothwendig erachtet, und erklären daher nach Vernehmung Unseres Geheimen-Raths, wie folgt:

§. 1. Oben erwähnte Verordnung vom 9. October beschränkt sich blos auf diejenigen Fälle, wo von einem nach staatsrechtlichen Grundsätzen incompetenten auswärtigen Gerichte wider einen diesseitigen Unterthan erkannt worden ist; erstreckt sich daher nicht auf den Fall, wenn bei dem Gerichte des auswärtigen Staates entweder der allgemeine Gerichtsstand des Wohnortes, oder einer der besonderen Gerichtsstände der gelegenen Sache, des Arrestes, der Contracts oder der geführten Verwaltung begründet war.

§. 2. Der Vollstreckung eines fremdrichterlichen Erkenntnisses an die in Bayern befindlichen Güter des Sachfälligen kann jedoch nur unter der Voraussetzung stattgegeben werden, wenn

1) durch gerichtliche Zeugnisse dargethan ist, daß in dem auswärtigen Staate selbst, von dessen Gerichten erkannt worden, keine tauglichen oder hinreichenden Vollstreckungsmittel vorhanden seien, und wenn sich
2) keine diesseitigen Unterthanen mit Forderungen gemeldet haben, rücksichtlich welcher ihnen an den zur Vollstreckung des fremdrichterlichen Erkenntnisses angewiesenen Sachen ein gleiches oder vorzügliches Recht gesetzlich zusteht.

§. 3. Soll die Hülfsvollstreckung an der Substanz unbeweglicher Güter geschehen, so ist zuvörderst der Inhalt des fremdrichterlichen Erkenntnisses nebst Anzeige der Güter, auf welche die Hülfsvollstreckung nachgesucht worden ist, öffentlich bekannt zu machen. Auch sind alle diesseitigen Unterthanen, welche etwa aus dem Grunde einer Hypothek oder anderem Titel ein gleiches oder vorzügliches Recht an jenen Gütern zu haben vermeinen, innerhalb eines bestimmten präclusiven Termins aufzufordern, bei dem einschlägigen Untergerichte ihre Forderungen geltend zu machen.

§. 4. Das Gesuch um Vollstreckung eines fremdrichterlichen Erkenntnisses ist unter Beilegung des Urtheils im Original oder beglaubigter Abschrift, bei dem Appellationsgerichte des Kreises einzubringen, innerhalb welches die Execution geschehen soll. Diese Gerichtsstelle hat nach geschöpfter Ueberzeugung, daß dasselbe nach den Bestimmungen des §. 1. von einem zuständigen Gerichte erkannt worden sei, und die Rechtskraft beschritten habe, wie auch nach Beobachtung der §. 2. und 3. enthaltenen Vorschriften, dem betreffenden Untergerichte den Auftrag zur Hülfsvollstreckung zu ertheilen.

§. 5. Der bei einem auswärtigen Gerichtsstande begründete allgemeine Gerichtsstand des Concurses erstreckt sich nicht auf die im Inlande liegenden Güter des Schuldners oder die bei inländischen Gerichten anhängigen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Staats-Verträge des Königreichs Bayern von 1806 bis 1858. Regensburg: Friedrich Pustet, 1860, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Staats-Vertr%C3%A4ge_des_K%C3%B6nigreichs_Bayern_von_1806_bis_1858.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)