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ist eine kleine schwärzliche Gestalt in Matrosenkleidung mit bewunderswerter Gelenkigkeit und immer in ruheloser Bewegung. Mit seinem hölzernen Hammer klopft er fortwährend an Brettern und Fugen. Lärmt es zu arg, so ist das ein schlimmes Zeichen, ebenso wenn er sich Nachts auf Masten und Segeln sehen läßt. Er ist sonst ein guter Geist, hält Tau- und Segelwerk in Ordnung, warnt den Schiffer vor etwas Bösem, erscheint vor dem Untergang des Schiffes beim Kapitän, nimmt Abschied von ihm und fliegt vor seinen Augen davon.

Wenn die Wassermänner mit den Menschen in Streit geraten, verlassen sie wohl die Gegend, wie jener Wassermann bei Budweis, den die Leute zur Flucht zwangen. Aus den Fluten sah man einen von vier, gleich Katzen aussehenden, Wesen gezogenen und mit vielen wunderlichen Geräten beladenen Karren kommen, oben darauf saß der Wassermann, eine Pfeife rauchend und lustig mit der Peitsche knallend. Das Gespann bewegte sich mit ungeheurer Schnelligkeit und war bald aller Augen entschwunden. Seit der Zeit wurde in der Gegend kein Wassermann mehr gesehen.

Die weiblichen Nixen kommen in der Sage besser weg, sie sind freundlicher, treten mit den Menschen in häufigeren Verkehr und nehmen besonders im Liebesverkehr mit den Menschen eine wichtigere Stelle ein. Noch jetzt erzählen wohl alte Leute, Nixen gekannt und mit ihnen getanzt zu haben. Diese haben schon in den Sagen der Griechen und Römer eine Rolle gespielt, doch wollten sie dort vor allem die Menschen nur ins Verderben reißen.

Sie haben ebenfalls wie die Wassermänner immer ein wenn auch verborgenes Kennzeichen ihres Ursprungs an sich, sobald sie in menschlicher Gesellschaft erscheinen. Der häßliche Fisch- oder gar Drachenleib ist in deutschen Sagen selten; ihre Gestalt ist im allgemeinen schön und anmutig, nur in einigen Sagen erscheinen sie zwergenhaft, oft haben sie als einziges Kennzeichen nur Schwimmhäute zwischen den Zehen, oder sie sind schilfgegürtet; am häufigsten erinnert nur ein kaum bemerkbarer nasser Saum an ihr Wasserreich. Sie sitzen wohl auf Schwänen, haben langes herabwallendes üppiges Haar, auf dem Haupte einen entzückenden Blumenkranz und ein weißes, zuweilen auch seegrünes wallendes Kleid, wenn sie nicht ganz nackt sind.

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Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)