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Auch die Treue zu dem dienenden Tiere tritt in den schönsten Sagen hervor. Ludwig Uhland besingt einen hervorstechenden Zug in „Schwäbische Kunde“. Das Rößlein des Ritters war so krank und schwach, er zog es nur am Zaume nach, aber: er hätt’ es nimmer aufgegeben und kostet’s ihn das eigne Leben.

Das Beispiel ist der beste Zuchtmeister und weckt lebendige Begeisterung. Mit Stolz bezeichnet noch heute die Sage die Bauernhöfe im Herfordschen und Engerschen, deren Besitzer die Ehrenämter bei Wittekind bekleidet haben; sie prägt sich noch in hunderten von kleinen Zügen der Gegend ein, in Zügen, die von seinem zähen Widerstand, dann aber auch von seiner Treue gegen das christliche Bekenntnis, sobald er seine Wahrheit erkannt hatte, reden. Und unter einem solchen Sagenkranze hat sich bis heute ein Bauernadel bester Art entwickelt.

Schon aus dem Vorstehenden wird hervorgehen, daß der ethische Inhalt der Sagen kein solcher ist, der die Jugend durch die Wiederbelebung der Sagengestalten schädigen würde. Schon Goethe erlernte das Fabulieren vom Mütterlein, schon Faust zeigte eine tiefgehende Vertrautheit mit dem Volksglauben und wandelte doch auf den Höhen der Menschheit. Eine liebevolle Versenkung in die heimische Sagenwelt bietet willkommene Gelegenheit zur Anregung der sonst leicht vernachlässigten kindlichen Phantasie, vor allem bietet sie eine herrliche Mustersammlung der schönsten Beispiele und Vorbilder, wie schon oben erwähnt. Mit Beziehung darauf sagt Bechstein, der gute Sagenkenner: „Nie wird die Sage das Laster beschönigen, die Tugend verhöhnen, nie den Gottesleugner und Gotteslästerer, den Dränger und Mörder der Unschuld, den Frevler am Heiligen straflos ausgehen lassen; sie übt ein unerbittlich strenges, obschon gerechtes Richteramt. Sie beschönigt nicht, sie vertuscht nicht, sie nennt nicht weiß, was schwarz ist. Es gibt keine Tugend, keine Edeltat, die nicht in einer Sage ihr Echo fände, aber auch keine Übeltat, der nicht irgend eine Sage einen Spiegel vorhielte mit dem ernsten Vorwurf: Erkenne dich selbst! Und das ist alles unmittelbar, ist naturwüchsig, ist volkstümlich.“

„Es wird dem Menschen von heimatswegen ein guter Engel beigegeben, der ihn, wenn er ins Leben auszieht, unter der vertraulichen Gestalt eines Mitwandernden begleitet;

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Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)