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die doch gerade durch genaue Feststellung wirklich beobachteter Zusammenhänge so gross und mächtig geworden ist. Der Unterschied, den Poske zwischen Metaphysik und hypothetischer Wirklichkeit macht, ist unhaltbar. Eine Hypothese, die nie verifiziert werden kann und doch den Anspruch auf Wirklichkeit erhebt, ist Metaphysik und damit Willkür. Erklärt er anderseits die Substanzvorstellung für eine Hilfsvorstellung, so zeigt er in der wichtigsten Stelle seiner theoretischen Weltanschauung Ungeklärtheit: was sind nun Elektronen — Hilfsvorstellung oder hypothetische Wirklichkeit?

Wer sich vom Vorurteil der Substanzvorstellung losgemacht hat, für den kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Tatsachen der Perspektive und die räumlichen Lehren der Relativitätstheorie in wesentlichsten Punkten übereinstimmen, wie etwa zwei Arten eines Gattungsbegriffs. In beiden Fällen sind die Gestalten relativ, abhängig vom Bezugssystem; alle zulässigen Bezugssysteme sind unter einander gleichberechtigt; eine absolute Gestalt gibt es nicht; für jeden Beobachter ist die von ihm beobachtete Gestalt wirklich; der ‚mitbewegte‘ Beobachter erfährt keine Gestaltänderung. Solche Uebereinstimmungen mehrerer Gebiete sind für die Begriffsbildung von grösster Wichtigkeit, denn sie führen zu höheren, umfassenderen Begriffen und lassen uns damit ‚tiefer‘ in die Dinge eindringen: je höher die Abstraktion, desto tiefer die ‚Erkenntnis‘; tiefe Erkenntnis besteht eben in möglichst hohen Begriffen: in unserem Fall in der Relativität alles Wirklichen und in seiner Substanzlosigkeit[1]).

36. Die perspektivischen Gestaltänderungen von Körpern, deren Geschwindigkeit mit der des Lichtes vergleichbar ist, scheinen noch nicht untersucht worden zu sein. Sie führen sehr bald zu einem lehrreichen Paradoxon, dessen Auflösung uns noch einmal die Grundlage der neuen Relativitätstheorie deutlich vor Augen stellt und das ich daher kurz entwickeln will.

Das Bild, das von einem Gegenstand auf der Netzhaut des Auges oder auf der photographischen Platte — als Momentbild — entworfen wird, entsteht durch Licht, das von allen in Frage kommenden Punkten des Gegenstandes stammt, aber nicht gleichzeitig von ihnen abgegangen ist: alles das Licht trägt zur Erzeugung des Bildes bei, das gleichzeitig mit dem Licht eintrifft, das von dem dem Auge oder der Platte am nächsten gelegenen Punkte des Gegenstandes herkommt; je weiter also ein Punkt des Gegenstandes von Platte oder Auge entfernt ist, um so früher muss er seinen Lichtbeitrag aussenden. Das hat zur Folge, dass das Bild eines sich mit grosser — der des Lichtes vergleichbarer — Geschwindigkeit entfernenden oder nähernden Gegenstandes nicht mit dem Bilde desselben relativ zu Auge oder Platte ruhenden

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Joseph Petzoldt: Die Relativitätstheorie der Physik. , Berlin 1914, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Relativit%C3%A4tstheorie_der_Physik.djvu/46&oldid=- (Version vom 9.6.2024)
  1. Ueber die Substanz und andere wichtige Punkte vgl. man auch den mit ausgezeichneter erkenntnistheoretischer Klarheit geschriebenen Artikel von Normann Campbell, Relativitätsprinzip und Aether, Deutsch von M. Iklé. Physikal. Zeitschr. 13, 1912, S. 120 ff.