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Zeit-Koordinaten in eindeutiger Beziehung zu einander stehen. Angenommen wird also:

und

Darin sind Konstanten, die mit Hilfe der Gleichung für die Lichtgeschwindigkeit und der Grösse der relativen Bewegung der Systeme gegen einander zu bestimmen sind. Dabei ergibt sich auf rein rechnerischem Wege, d. h. auf dem Wege immer wiederholter Anwendung der einfachen logischen Schlussform des Syllogismus — die selbst wieder nichts anderes als eine Anwendung des Satzes des Widerspruchs ist — die Lorentz-Transformation, die Grundlage der Relativitätstheorie. Dieses Gleichungssystem ist also einfache logische Konsequenz des Relativitätsprinzips und des Prinzips der universellen Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Damit ist es völlig gesichert und darf vom Physiker mit gutem Recht zu weiteren Ableitungen benutzt werden, ohne dass er nach dem physikalischen Sinn, nach den anschaulichen Tatsachen fragt, deren unmittelbarer Ausdruck die so gewonnenen Gleichungen doch sind. Aber auch dem Physiker entsteht das Bedürfnis, die Grundlagen vollständig zu durchblicken, sowie er sich Klarheit über die wissenschaftliche Bedeutung seiner Forschungen überhaupt verschaffen will. Für jeden Forscher ist das letzte Motiv der Erkenntnistrieb, und der lässt sich nicht gewaltsam auf ein mehr oder weniger enges Sondergebiet einschränken. Darum ist eben — wie schon im vorhergehenden Paragraphen betont — naturwissenschaftliche Erkenntnistheorie ein integrierender Bestandteil der Naturwissenschaft selbst[1]).

27. Es soll hier nicht auf die mathematischen und die physikalischen Folgerungen näher eingegangen werden, die man aus den Grundlagen der Relativitätstheorie gezogen hat. Die allgemeine Erkenntnistheorie ist daran nicht so stark interessiert wie an den Grundlagen selbst, so bedeutend jene Folgerungen auch für das physikalische Weltbild sind. Nur ein paar Bemerkungen seien gestattet; zuerst eine ganz allgemeine.

Gegner, die den Glauben an die absolute Bewegung nicht abzuschütteln vermochten, haben nach Widersprüchen gesucht, die sich aus der Theorie selbst ergeben sollten — wohlverstanden: es handelt sich jetzt nicht um Widersprüche mit der Erfahrung, sondern um logische, innere Widersprüche, — um angebliche paradoxe notwendige Konsequenzen der Lehre selbst. Das ist aber ein ganz aussichtsloses Beginnen, weil es selbst unlogisch ist.

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Joseph Petzoldt: Die Relativitätstheorie der Physik. , Berlin 1914, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Relativit%C3%A4tstheorie_der_Physik.djvu/34&oldid=- (Version vom 7.6.2024)
  1. Weiteres in des Verfassers Artikel „Naturwissenschaft“ im „Handwörterbuch der Naturwissenschaften“ Bd. Vii 1912.