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oder elektromagnetischer Art geben kann, das absolute Bewegung eines Körpers, etwa der Erde im absoluten Weltenraum festzustellen gestattete. Und diese Einsicht unaufhaltsam zum Siege geführt zu haben, das ist mit das Verdienst der Einsteinschen Theorie. Die Physik kann niemals wieder in ein absolutistisches Fahrwasser zurückfallen. Sie bleibt relativistisch.

22. Um uns noch deutlichere Vorstellungen von dem Verhalten zweier geradlinig und gleichförmig gegen einander bewegter Raum-Zeit-Systeme zu machen, müssen wir noch ein paar Folgerungen betrachten.

Wir haben (S. 25) gesehen, dass die Uhren des ‚bewegten‘ Systems für die Beobachter im ‚ruhenden‘ nicht nur im Verhältnis langsamer gehen, sondern für sie noch nicht einmal unter einander gleich laufen. Das bedeutet, dass die Uhren des ‚bewegten‘ Systems für den ‚ruhenden‘ Beobachter zum Teil nachgehen, zum Teil vorgehen und dass nur in einem Punkte die Zeitangaben beider Systeme zusammenfallen, aber nicht immer in demselben Punkte, sondern in einem sich fortwährend verschiebenden. Das ergibt sich so.

Je nach den — positiven oder negativen — Werten, die in der Gleichung (S. 26):

annimmt, wird für den ‚ruhenden‘ Beobachter kleiner oder grösser als sein, die Uhr des gestrichenen Systems also der seinen nach- oder vorgehen. Nur in einem Punkte wird jeweilig Uebereinstimmung zwischen den dort befindlichen Uhren herrschen. Das ist aber nur für der Koordinatenanfang der beiden Systeme. Für alle späteren Momente liegt der Koinzidenzpunkt von jenem Anfang in der Richtung der positiven um so weiter entfernt, je grösser wird. Denn für das ‚ruhende‘ System wird , wenn (nach 2b):

oder

wird. Die Entfernung des Koinzidenzpunktes wächst also der Zeit proportional, und er verschiebt sich mit der Geschwindigkeit

,

also — bis auf Glieder höherer Ordnung — halb so schnell, wie die relative Bewegung der beiden Systeme erfolgt[1]).

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Joseph Petzoldt: Die Relativitätstheorie der Physik. , Berlin 1914, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Relativit%C3%A4tstheorie_der_Physik.djvu/28&oldid=- (Version vom 6.6.2024)
  1. Daher dürfte die Darstellung Gruners („Elementare Darlegung der Relativitätstheorie", Bern 1910) prinzipiell verfehlt sein. Selbst wenn man die Anwendung der Gleichungen der Relativitätstheorie auf eine kreisförmige Bahn mit grossem Radius zulassen wollte, würden doch die „Zentralsternwarten“ von „Erde“ und „Mars“ ihre Uhren nicht so regulieren dürfen, wie der Verfasser es voraussetzt.