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(S. 18 f.) erwähnt, für jeden Beobachter jedes der beiden Systeme, jede Uhr des anderen langsamer gehen als die Uhren des eigenen. Zweitens aber müssen für ihn die Uhren des anderen Systems unter einander verschiedene Zeigerstellung haben, während ihm die Uhren des eigenen Systems alle gleichlaufend — synchron — sind. Dabei setzen wir voraus, dass in beiden — und überhaupt in allen Systemen — die Uhren nach demselben Prinzip auf gleichen Gang gebracht werden: mittels Austausches der Zeitangaben durch Lichtsignale oder drahtlose Telegraphie unter Berücksichtigung der Zeit, die das Signal auf dem Wege von Uhr zu Uhr braucht, wobei die Zeiten für Hin- und Rückweg der Signale als gleich angenommen werden.

Den Grund für die erste der beiden Abweichungen haben wir bereits (S. 19) angegeben: der ‚ruhende‘ Beobachter beurteilt jede in der Bewegungsrichtung des ‚bewegten‘ Systems gelegene Strecke dieses Systems als der entsprechenden des eigenen Systems gegenüber im Verhältnis kürzer und setzt voraus, dass die Lichtgeschwindigkeit für alle Systeme durch dieselbe Zahl — 300000 Längeneinheiten in der Zeiteinheit — gemessen wird; dann muss er um der Gleichheit dieses Quotienten willen die Zahl der Zeiteinheiten des ‚bewegten‘ Systems den eigenen gegenüber als in demselben Verhältnis verkürzt ansetzen, d. h. die Uhren des ‚bewegten‘ Systems als in diesem Verhältnis langsamer gehend denken. Bedeuten also und die Abszissen zweier Punkte auf der Abszissenachse und und die Zeitpunkte, in denen sie von einem Lichtsignal passiert werden, und gelten im gestrichenen System die entsprechenden Bezeichnungen für die entsprechenden Orte und Zeiten, so muss die Gleichung

immer erfüllt bleiben, und da sich die Zähler ihrer beiden Seiten um den Faktor unterscheiden, so müssen es auch die Nenner.

Die Notwendigkeit der zweiten Abweichung lässt sich ebenfalls leicht durchschauen. Wir brauchen nur den Zeitunterschied zu berechnen, der etwa am Endpunkte des in die Bewegungsrichtung fallenden Schenkels des Michelsonschen Apparats für die Beobachter der beiden Systeme besteht. Dabei setzen wir voraus, dass die Uhren der beiden Systeme am Anfangspunkt jenes Schenkels bei Abgang des Lichtsignals dieselbe Zeitangabe, und zwar gemacht haben. Hat nun der Schenkel, im gestrichenen System gemessen, die Länge , so

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Joseph Petzoldt: Die Relativitätstheorie der Physik. , Berlin 1914, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Relativit%C3%A4tstheorie_der_Physik.djvu/24&oldid=- (Version vom 7.6.2024)