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Wieder ruhten aller Augen auf dem Weidenkorbe, der sich plötzlich zu rühren begann. Und nun erschien über dessen Rande der Kopf einer mächtigen Kobra. Die funkelnden Perlenäuglein der Giftschlange, geblendet durch die Helle, bedeckten sich immer wieder mit den gelblichen Häutchen, bis sie dann starr auf dem Flöte spielenden Fakir haften blieben. Langsam hob der Kopf des Reptils sich höher, bis der halbe, kerzengerade emporgerichtete Leib mit einem Male nach der Richtung auf den Gouverneur hin einen Bogen beschrieb und nun ruckweise auf der Erde sich weiterwand.

Die Flöte wiederholte unaufhörlich ihre eintönige Melodie, und näher und näher schob sich das Reptil auf Eduard Fartaday zu. Schreckensbleich waren Fung-Scho und der englische Offizier trotz ihrer Fesseln zur Seite gerückt. Auch der Gouverneur, dem bereits dicke Schweißperlen auf der Stirn standen, versuchte ein gleiches. Aber des Fakirs eine Hand hielt ihn mit unwiderstehlicher Kraft fest.

Jetzt war die Kobra beinahe bis an Fartadays Füße gelangt, die dieser dicht an den Leib gezogen hatte. Regungslos, aus Furcht, daß das Reptil bei der geringsten Bewegung auf ihn losschnellen könne, saß er nunmehr da. Seine weitaufgerissenen Augen verfolgten in wahnsinniger Angst die Windungen des Schlangenkörpers, der sich zuweilen zu halber Höhe aufrichtete und dann den Kopf nach dem Takte der Musik hin und her pendeln ließ.

Noch ein halber Schritt, und das giftige Reptil mußte, um den lockenden Tönen weiter folgen zu können, über das lebende Hindernis, die Gestalt Eduard Fartadays, hinwegkriechen. Dessen Gesichtszüge hatten etwas leichenähnliches angenommen. Unwillkürlich schaute Manhard jetzt zu Ethel hinüber.

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W. K. Abel: Die Perle der Königin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1922, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Perle_der_K%C3%B6nigin.pdf/88&oldid=- (Version vom 31.7.2018)