Seite:Die Lesung derer Romans, als ein sehr bedenkliches Mittel seine Schreibart zu verbessern.djvu/6

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Müßiggang und Begierde, sich auch in seinem Zimmer bey Ermangelung der Gesellschaft, oder wenn man deren überdrüßig ist, zu belustigen, sind sattsame Gründe, diesen Büchern unzählige Liebhaber zu wege zu bringen. Die Sittenlehrer in und außer denen Gott geheiligten Rednerstühlen, eifern heftig darwider. Aeltern und Lehrer bemühen sich unaufhörlich, ja sie wachen Tag und Nacht, ihren Kindern die Lesung dieser Romanen zu verwehren; es ist sogar in gewissen Schulen eine große Strafe darauf gesetzt, wenn ein Untergebener ein solches Buch bey sich antreffen läßt: aber nitimur in vetitum, verbothne Sachen vermehren die Begierde.

Wir wissen und erfahren, daß sich die Sterblichen jederzeit befleißigen, ihre Thaten, sie mögen nun böse oder gut seyn, mit dem Mantel der Tugend zu umhüllen, und eben so geht es mit den Liebhabern der Romanen; denn diese haben drey Feigenblätter, nämlich, Gott hätte zwar gesagt: Im Schweiß deines Angesichts sollst du dein Brodt essen; doch wenn der Mensch des Tages Last und Hitze getragen, so sey es ihm auch erlaubt, sich zu vergnügen, und darzu wäre ja nichts anständigers, als ein angenehmes Buch; überdieses wären in denen Romanen die bündigsten Grundsätze der Moral enthalten, und endlich wären sie ein ausnehmendes Mittel, seine Schreib- und Mund-Art zu verbessern. Also sind doch zum wenigsten die abscheulichen Romanen nicht hieher zu rechnen, die bloß in der Absicht geschrieben sind, um die fleischlichen Lüste und Begierden zu erwecken,