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außer der magnetischen und der elektrischen Ablenkbarkeit noch ein drittes Merkmal eines Strahles meßbar: das Entladungspotential, und es erscheint dann zweckmäßig, durch den Wert des Entladungspotentials den Strahl direkt zu charakterisieren. In diesem Falle erhebt sich die Frage: Wie unterscheiden sich die Theorien hinsichtlich der magnetischen und hinsichtlich der elektrischen Ablenkbarkeit eines Strahles von bestimmtem Entladungspotential? Durch das Entladungspotential Volt ist die Energie des Strahles gegeben, da:

.

Nun ist für jede Theorie:

,

also für die Kugeltheorie nach (19):

und für die Relativtheorie nach (21):

.

Bezeichnen wir also die nach der letzten Theorie berechneten Größen wieder durch einen beigefügten Strich und führen wieder nach (23) und ein, so ist jetzt der Zusammenhang von und durch die Gleichung ausgedrückt:

.

Ferner ist, wie früher:

.

Aus diesen Gleichungen ergeben sich folgende Resultate:

1. Für die Geschwindigkeit ist:

,

d. h. ein Strahl von bestimmtem Entladungspotential besitzt nach der Relativtheorie eine kleinere Geschwindigkeit als nach der Kugeltheorie.

2. Für die magnetische Ablenkbarkeit ist:

,

d. h. ein Strahl von bestimmtem Entladungspotential besitzt nach der Relativtheorie eine kleinere magnetische Ablenkbarkeit als nach der Kugeltheorie. Der Unterschied verschwindet für unendlich große und für unendlich kleine Entladungspotentiale, er ist ein Maximum für das Entladungspotential Volt . Bei der praktischen Größe dieser Zahl wird man sagen dürfen, daß innerhalb der zurzeit ausführbaren Messungen der Unterschied der Theorien um so größer wird, zu je höheren Entladungspotentialen man fortschreitet.

3. Für die elektrische Ablenkbarkeit ist:

für Volt ,

d. h. ein Strahl von bestimmtem Entladungspotential besitzt nach der Relativtheorie eine größere, ebenso große oder kleinere elektrische Ablenkbarkeit als nach der Kugeltheorie, je nachdem das Entladungspotential kleiner, ebenso groß oder größer ist als Volt. Daher wird man sagen dürfen, daß innerhalb der zurzeit ausführbaren Messungen die elektrische Ablenkbarkeit eines solchen Strahles nach der Relativtheorie stets größer ist als nach der Kugeltheorie, und zwar ist der Unterschied um so größer, je kleiner das Entladungspotential ist.

Für wird speziell:

.

Gleichzeitige Messungen des Entladungspotentials, der magnetischen und der elektrischen Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen sind bekanntlich von H. Starke[1] ausgeführt worden. Möglicherweise lassen sich schon diese mit zu einer Prüfung der beiden Theorien verwerten. Ich fand aber bisher nicht Gelegenheit, auf diese Frage näher einzugehen.

Diskussion.

Kaufmann: Ich möchte als Nächstbeteiligter ein paar Worte zur Ergänzung hinzufügen. Ich bitte, die gezeichnete Kurve zirkulieren zu lassen, sowie die fünf Originalplatten, auf denen Sie je zwei symmetrische Kurvenäste von derselben Gestalt wie auf der Zeichnung erblicken. Was die Resultate betrifft, so besteht vollständige Übereinstimmung zwischen Herrn Planck und mir, und es ist erfreulich für mich, daß die ganz andere Rechnung Plancks zu identischen Zahlenresultaten geführt hat. Das deutet darauf hin, daß in meiner Berechnung kein Rechenfehler enthalten ist. Was nun aber den Schluß betrifft, so folgt aus den Beobachtungstatsachen, daß weder die Lorentzsche noch die Abrahamsche Theorie mit ihnen übereinstimmt. Dieser Schluß steht fest. Die Lorentzsche Theorie stimmt noch schlechter als die Abrahamsche. Die Abweichungen der Lorentzschen Theorie (10–12 Proz.) sind so stark, daß sie an keiner Stelle durch Beobachtungsfehler


  1. H. Starke, Verh. D. Phys. Ges. 5, 241, 1903.