Seite:Die Kaufmannschen Messungen.djvu/6

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Theorie. Setzt man nun aus Tabelle VII (S. 529) z. B. und , so ergibt sich:

,

also von vornherein mit keiner der theoretischen Formeln verträglich.

Somit scheint nichts übrig zu bleiben als die Annahme, daß in der theoretischen Deutung der gemessenen Größen noch irgendeine wesentliche Lücke enthalten ist, welche erst ausgefüllt werden muß, ehe die Messungen sich zu einer definitiven Entscheidung zwischen der Kugeltheorie und der Relativtheorie verwerten lassen werden. Man könnte hier an verschiedene Möglichkeiten denken, von denen ich aber keine näher erörtern möchte, da mir die physikalischen Grundlagen für jede derselben zu unsicher scheinen.

§ 7. Unterschied der Theorien für Strahlen von bestimmter magnetischer Ablenkbarkeit.

Dagegen möchte ich einen anderen Punkt hier noch etwas ausführlicher zur Sprache bringen: das ist die Frage, in welchem Gebiete des „Strahlenspektrums“ eine Entscheidung zwischen den gegenüberstehenden Theorien am ersten möglich sein wird. Es scheint nämlich die Ansicht ziemlich verbreitet zu sein, daß die größten Unterschiede der Theorien sich bei den schnellsten Strahlen finden. Diese Ansicht, welche offenbar dem Umstande entspringt, daß die Impulsgrößen , die sich nach den Gleichungen (20) und (22) für beide Theorien ergeben, um so mehr voneinander verschieden sind, je näher an 1 heranrückt, ist jedoch irrtümlich; unter Umständen ist das gerade Gegenteil richtig. Denn bei den Messungen vergleicht man nicht die beobachteten Werte von mit den nach den Theorien zu erwartenden Werten von bei bestimmtem , sondern man vergleicht etwa, wie bei den Kaufmannschen Messungen, die beobachteten Werte der elektrischen Ablenkbarkeit mit den nach den Theorien zu erwartenden Werten der elektrischen Ablenkbarkeit, bei bestimmter magnetischer Ablenkbarkeit, und das ist etwas ganz anderes.

Wenn man einen Elektronenstrahl durch seine magnetische Ablenkbarkeit charakterisiert, so heißt das, man legt ihm einen bestimmten Wert der Impulsgröße bei; denn nach (14) ist direkt bestimmt durch den Krümmungsradius . Zu einem bestimmten Werte von , dem nach (23) auch ein bestimmter Wert von entspricht, gehören aber nach den beiden Theorien verschiedene Werte von . Bezeichnen wir sie mit und , wobei für die Kugeltheorie, für die Relativtheorie gelten möge, so ist nach (24) und (25):

.

Hieraus folgt, daß stets:

.

Ein Strahl von bestimmter magnetischer Ablenkbarkeit besitzt also nach der Relativtheorie eine kleinere Geschwindigkeit als nach der Kugeltheorie.

Betrachten wir jetzt die elektrische Ablenkbarkeit nach beiden Theorien. Die elektrische Ablenkung in einer bestimmten (nicht zu großen) Entfernung ist, wie man direkt aus (6) findet, proportional dem Quotienten . Die nach den beiden Theorien zu erwartenden elektrischen Ablenkbarkeiten unterscheiden sich also um die Differenz:

.

Ein Strahl von bestimmter magnetischer Ablenkbarkeit wird nach der Relativtheorie elektrisch stärker abgelenkt als nach der Kugeltheorie, und zwar ist der Unterschied um so größer, je größer die magnetische Ablenkbarkeit ist. Natürlich bezieht sich dieser Satz, wie auch die unten folgenden analogen Sätze, auf den absoluten, nicht auf den prozentischen Unterschied. Als Illustration hierzu können die in der obigen Tabelle nach beiden Theorien berechneten Werte von dienen, deren Differenz mit wachsendem zunimmt.

Für (magnetische Ablenkung gleich Null) ist:

.

Für (magnetische Ablenkung gleich unendlich) ist:

.

Da nun eine experimentelle Entscheidung zwischen den beiden Theorien um so eher zu treffen sein wird, je weiter ihre Resultate auseinandergehen, so ist zu vermuten, daß Messungen der elektrischen Ablenkbarkeit, die zur Entscheidung zwischen den Theorien führen sollen, zweckmäßiger mit Kathodenstrahlen als mit Becquerelstrahlen anzustellen sind.

§ 8. Unterschied der Theorien für Kathodenstrahlen von bestimmtem Entladungspotential.

Wenn man zu den Ablenkungsversuchen homogene Kathodenstrahlen benutzt, so ist