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wertvoller Daten gewonnen, und er hat außerdem, was besonders dankbar anerkannt werden muß, der Öffentlichkeit ein so reiches und zuverlässiges Zahlenmaterial zur Verfügung gestellt[1], daß ein jeder in die Lage versetzt ist, die von Herrn Kaufmann gezogenen Schlußfolgerungen selbständig nachzuprüfen und zu ergänzen.

Von dieser Anregung habe ich um so lieber Gebrauch gemacht, als ja die Frage, welcher die Kaufmannschen Versuche gewidmet sind, für verschiedene elektrodynamische Theorien geradezu eine Lebensfrage ist. Von mehreren dieser Theorien liegen bekanntlich schon eine Anzahl ausgezeichneter mathematischer Untersuchungen vor, und deren physikalische Bedeutung würde natürlich mit einem Schlage aufgehoben, wenn die betreffende Theorie in dem entstandenen Wettstreit unterliegen müßte.

§ 1. Bewegungsgleichungen.

Die Methode, nach welcher Herr Kaufmann den Inhalt der verschiedenen Theorien an seinen Messungen geprüft hat, darf ich hier als bekannt voraussetzen. Mir lag nun zunächst daran, zu sehen, wie weit die einzelnen gemessenen Ablenkungen von denjenigen entfernt liegen, welche aus den verschiedenen Theorien auf Grund der gemessenen „Apparatkonstanten“ von vornherein berechnet werden können. Da ich es vorzog, die gemessenen Ablenkungen (, ) nicht gleich von vornherein „auf unendlich kleine Ablenkungen (, ) zu reduzieren“, so mußten die Bewegungsgleichungen der Elektronen vollständig integriert werden. Dieselben lauten für alle verglichenen Theorien:

.

Hierin bedeutet das kinetische Potential (die Lagrangesche Funktion) eines bewegten Elektrons, als Funktion der Geschwindigkeit

,

und die elektrische und magnetische Feldstärke, beide in der -Richtung wirkend, als bekannte Funktionen von , das elektrische Elementarquantum, die Lichtgeschwindigkeit. Die elektrischen Größen sind im elektrostatischen Maß gemessen.

Das Elektron bewegt sich von der Strahlungsquelle:

durch die Diaphragma-Öffnung:

bis zu dem Punkte der photographischen Platte:

.

Um die Diaphragma-Öffnung gerade zu treffen, muß ein Elektron bei bestimmter Anfangsgeschwindigkeit in einer ganz bestimmten Richtung von der Strahlungsquelle ausgehen. Dadurch kommt auf der photographischen Platte () eine bestimmte Kurve (, ) zustande, deren Punkte von einem einzigen Parameter, etwa von der Anfangsgeschwindigkeit, abhängen.

§ 2. Bestimmung der äußeren Feldkomponenten.

Die Integration der Bewegungsgleichungen erfordert noch die Kenntnis von und als Funktionen von . Die magnetische Feldstärke habe ich als konstant angenommen, und zwar so groß, daß der Wert des „magnetischen Feldintegrals“ der nämliche ist wie bei Herrn Kaufmann. Derselbe beträgt[2]:

.

Setzt man hierin konstant, so ergibt sich:

und daraus nach den angegebenen Werten von , und :

.

Die elektrische Feldstärke ist zwischen dem Diaphragma und der photographischen Platte null, zwischen den Kondensatorplatten in gehörigem Abstande von den Rändern konstant. Wir beziehen zunächst mit Herrn Kaufmann die Feldstärke auf ihren Wert im homogenen Teil des Feldes als Einheit und nennen die so gemessene Feldstärke . Dann ist:

für .

Zwischen der Strahlungsquelle und dem Diaphragma habe ich als symmetrisch in bezug auf den Mittelpunkt dieser Strecke: angenommen, so daß, wenn man setzt:

. (1)

Der Anstieg der elektrischen Feldstärke von der Strahlungsquelle bis zu ihrem konstanten Werte 1 sei als linear angenommen, ebenso also auch der Abfall zum Werte 0 beim Diaphragma. Das heißt:


  1. Ann. d. Phys. (4) 19, 487, 1906.
  2. l. c. S. 525 und S. 544.