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Vorteile dieser neuen Erfindung sehr bald und um sich dieselbe nutzbar zu machen, sicherte sie sich das Recht der Ausübung dieses Patentes für Deutschland, nach welchem sie in eigenen Werkstätten die Herstellung solcher Maschinen vornahm und sich mit der Verbreitung dieser schnell in Aufnahme kommenden bewährten Verbesserung in der Anfertigung von Strumpfwaren energisch befaßte.

Herr Paul Gläntzel, der sich besonders um die Einführung der später erfundenen, nach dem Namen des Erfinders benannten „Cotton“-Maschinen verdient gemacht hat, trug nach seinem Eintritt in das Geschäft wesentlich zur Vergrößerung desselben bei, vermöge seiner reichen Erfahrungen, welche er während langjähriger Thätigkeit in den Vereinigten Staaten und in dem Wirkwaren-Industriebezirke seines Vaterlandes zu sammeln Gelegenheit hatte, so daß ihm die Genugthuung, das Wachstum der Firma von Jahr zu Jahr ein größeres werden zu sehen, nicht versagt bleiben konnte.

Das Geschäft wird von Chemnitz aus geleitet, wo sich in den mit der Zeit bedeutend vergrößerten und entsprechend eingerichteten Gebäuden, die Warenübernahme, die Kontore, die Appretur, Presserei, Formerei, Aufmachungssäle und Packerei befinden, während die eigentliche Fabrikation teils in dem ca. zwei Stunden von Chemnitz entfernten Orte Einsiedel in zwei umfangreichen Fabrik­-Anlagen, teils unter Heranziehung der bedeutenden Hausindustrie, dort und in vielen anderen Orten des sächsischen Erzgebirges betrieben wird.

Die Firma beschäftigt in ihren eigenen Räumen, außer dem aus ca. 50 Personen bestehenden Kontorpersonale, gegen 1000 männliche und weibliche Arbeiter, wovon auf Chemnitz ca. 450 und auf Einsiedel ca. 550 kommen; die Anzahl der in der Hausindustrie für die Firma beschäftigten Arbeiter beläuft sich auf mehrere Tausende, so daß durch diese Firma eine stattliche Zahl Arbeiter das ganze Jahr hindurch guten Verdienst findet.

In dem Betriebe kommen 1 Gasmotor, 6 hydraulische Pressen, 4 Fahrstühle zur Verwendung, Gas- und Wasserleitung erstrecken sich durch alle Räume, welche, gleich wie zwei große Formöfen, durch Zentral-Wasserheizungen im Erdgeschoß nach Bedarf erwärmt werden.

In den Einsiedler Fabriken kommt, außer der vorhandenen Wasserkraft, mit den nötigen Turbinenanlagen noch die Kraft von zwei Dampfmaschinen in Anwendung, welche Strumpfmaschinen der verschiedensten Systeme treiben, zum Teil auch zur Herstellung dieser Maschinen selbst (eigene Maschinenbauerei und Schlosserei) dienen.

Die eine dieser Fabriken wurde am 5. April 1892 durch Brand zerstört; an Stelle derselben ist seitdem ein neuer größerer Bau aufgeführt und mit Maschinen neuester Konstruktion ausgestattet worden.

Die Firma besitzt verschiedene Medaillen, welche sie auf den von ihr beschickten Ausstellungen erhalten hat.

Ihre Produktion ist, wie aus dem Vorangegangenen leicht zu schließen, eine ganz bedeutende. Sie beträgt über ¾ Millionen Dutzend Paare pro Jahr, deren Absatz mit Hilfe zahlreicher Vertreter, sowie Kommissionshäuser nach allen Teilen der Erde erfolgt zum Ruhme der deutschen Wirkwaren-Industrie, und wie wir wünschen und hoffen zur Förderung und Verbreitung derselben für fernere Zeiten.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/430&oldid=- (Version vom 2.4.2020)