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Gebrüder Uebel,
Plauen, Netzschkau und Adorf, Vogtl.
Mechanische Baumwollwebereien.

Zu den Firmen, deren Entwicklung in jeder Phase neue volkswirtschaftliche oder technologische Gesichtspunkte eröffnet, gehört die Firma Gebrüder Uebel. Ihre hervorragende Stellung in der Großindustrie als eine Hauptvertreterin der sächsischen Textilbranche hat sie sich Schritt für Schritt erkämpft.

Im Jahre 1856 gründete Herr Wilhelm Uebel, von der Handweberei vorwärtsschreitend, in Gemeinschaft mit den Herren Moritz Zimmermann und Richard Ludwig eine kleine mechanische Weberei, wohl mit die erste im Vogtlande, unter der Firma Zimmermann & Co. Mangel an Arbeitskräften, sowie das Vorurteil der Konsumenten gegen mechanisch hergestellte Ware bereiteten dem jungen Unternehmen viel Schwierigkeiten und Verluste. Infolgedessen traten die Herren Zimmermann und Ludwig aus und Herr Wilhelm Uebel wurde alleiniger Inhaber, vereinigte sich aber mit seinem Bruder Herrn Louis Uebel unter der neuen Firma Gebrüder Uebel. Auch diese arbeitete zunächst noch ohne Gewinn, bis sich mit Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges eine günstige Konjunktur bot, welche die Herren Gebrüder Uebel insofern gut ausnützten, als sie kurz vor Beginn der Feindseligkeiten sich noch reichlich mit Garnen deckten und dadurch zum erstenmale einen guten Inventurgewinn erzielten. Der Ertrag dieser glücklichen Unternehmung wurde 1864 zum Bau einer eigenen kleinen Fabrik, in der Nähe des Netzschkauer Bahnhofs, verwendet.

Von da ab hob sich das Geschäft zwar langsam, aber stetig; das Vorurteil gegen die mechanisch gewebte Ware wurde nach und nach durch die Güte und Gleichmäßigkeit derselben überwunden. Eine ungünstige Konjunktur, im Jahre 1864, konnte die einmal errungene feste Stellung des Geschäfts nicht mehr erschüttern. Es begann eine Periode allmählichen Aufblühens; selbst in den Kriegsjahren 1866 und 1870/71 brauchte die Fabrik nicht einen einzigen Tag zu feiern.

Der Friede 1871 brachte mit dem Anschluß der Reichslande der deutschen, bezw. vogtländischen Baumwollindustrie die Konkurrenz der elsässischen Großbetriebe, welcher zu begegnen, alle Hebel in Bewegung gesetzt werden mußten. Nach dem Kriege begann aber andrerseits auch das Geschäft lohnender zu werden. So wurden, nachdem schon 1874 ein Hauptkontor und Lager in Plauen errichtet worden war, 1880 an dem Fabrikgebäude Erweiterungen vorgenommen und ein weites umfangreiches Fabrikgebäude wurde 1884–1887 aufgeführt, so daß die Zahl der Webstühle in Netzschkau auf ca. 1000 anwuchs.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/408&oldid=- (Version vom 2.4.2020)