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Schuster & Co., Markneukirchen
Musikinstrumenten-Manufaktur.

Eine der ältesten und edelsten, dem Kunstgewerbe nahe verwandten Industrieen Sachsens ist die Verfertigung von Musikinstrumenten in und um Markneukirchen.

Schon um 1580, also vor 300 Jahren, ist der älteste Zweig derselben, die Verfertigung von Saiteninstrumenten, nachweisbar, so daß weder die gleiche französische Industrie in Mirecourt in Frankreich (1690), noch die Mittenwalder Industrie (1684), aber auch nur wenige der übrigen sächsischen Industrieen, die erzgebirgische Spitzenklöppelei nicht ausgeschlossen, ein ähnliches Alter aufzuweisen vermöchten.

Diese Industrie, welche die Stürme des 30jährigen Krieges nicht nur glücklich überdauerte, sondern sogar durch Zufluß intelligenter Arbeitskräfte – um des Glaubens willen vertriebener Instrumentenmacher des nahen Böhmens – neu befruchtet wurde, hat sich mit der Dauer ihres Bestandes im Gegensatz zu derjenigen Mirecourts und Mittenwalds zu einer überaus vielseitigen herausgebildet. Im 17. und 18. Jahrhundert trat die Pfeifen-, die Waldhorn- und die Trommel­-Macherei oder die Verfertigung von Holz-, von Metallblas- und von Schlaginstrumenten hinzu, so daß gegenwärtig in Markneukirchen alle Arten von Orchesterinstrumenten verfertigt werden.

Einen besonders hohen Aufschwung hat in neuerer Zeit, veranlaßt durch die Erfindung der Ventile und durch vielfach veränderte und vermehrte Gestaltung und Bauart die Fabrikation von Blechblasinstrumenten erfahren.

Die Bildung von Harmoniekapellen ohne Streichinstrumente, besonders aber die moderne Entwickelung der Militärmusik und der hierdurch gesteigerte Bedarf einerseits, wie die bedeutend erleichterte Fabrikation durch maschinelle Herstellung gewisser Bestandteile, als Schallstücke, Röhren etc. anderseits, gab Veranlassung zur Gründung einer größeren Fabrik im Jahre 1862 durch die Herren Ludwig Schuster, Ernst Paulus, Albin Bauer und Ernst Eschenbach. Da dieses Unternehmen zugleich durch Beschaffung von Bestandteilen der Gesamtindustrie zu dienen berufen war, erfuhr es die thatkräftige Unterstützung der königlich sächsischen Staatsregierung in Gestalt eines Darlehns. Unter der Firma des Unternehmens Paulus & Schuster fand neben der Erzeugung von Halbfabrikaten die von Ludwig Schuster, dem Mitinhaber der Fabrik, schon längst mit anerkanntem Rufe betriebene Verfertigung von vollständigen Blechblasinstrumenten erwünschten Fortgang, begünstigt durch mancherlei Maschinen und großindustrielle Einrichtungen,

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Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/371&oldid=- (Version vom 2.4.2020)