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Etablissement gemacht hat, werden am besten durch den heutigen Umfang der Anlagen gekennzeichnet. Während die Werdauer Fabrik durch Um- und Neubauten sich nach und nach zu dem auf unserem Bilde ersichtlichen, imponierenden Gebäudekomplex auswuchs, wurde 1890 auch noch in dem nahe gelegenen Ort Lichtentanne eine Zweigfabrik gegründet, die mit den modernsten Einrichtungen, u. a. elektrische Beleuchtung, ausgestattet ist. Dabei verfügt die Werdauer Zentrale über eine Dampf­-Maschine von 200 Pferdekräften, die Filiale in Lichtentanne über eine solche (Compoundsystem) von 300 Pferdekräften. Die Gesamtzahl der Arbeiter in beiden Etablissements beläuft sich auf insgesamt 300. In Thätigkeit befinden sich außer der eigenen Wollkämmerei 16 500 Selfaktorspindeln und 3300 Ringzwirnspindeln.

Das Erzeugnis der Firma Carl Schmelzer sen. ist Kammgarn – dieses aber in allen Qualitäten und Nummern, von den stärksten bis zu den feinsten, einfach und gezwirnt, außerdem werden noch die aus der Kämmerei und Kammgarnspinnerei entfallenden kurzen Wollen und Abgänge zu rohweißen Streichgarnen auf vorhandenen Streichgarnmaschinen gesponnen. Als erstes und Hauptziel wurde von jeher die Herstellung tadelloser Gespinste ins Auge gefaßt.

Die hierdurch bedingte fortwährende Erneuerung und Verbesserung der Maschinen wurde in jeder Entwicklungsperiode strikt durchgeführt, so daß das Etablissement heute ebenso mit dem modernsten und leistungsfähigsten Betriebsmaterial versehen ist, wie es andererseits aber auch einen beneidenswerten flotten Absatz seiner Fabrikate nachweisen kann. Dieser Absatz wird in erster Linie von Deutschland und Österreich vermittelt, wo die Gespinste zu Trikotgeweben, Damenkleiderstoffen und Herrenkonfektion verarbeitet werden. Als Rohprodukt bezieht die Firma Carl Schmelzer sen. Schafwolle deutschen und überseeischen Ursprungs.

An arbeiterfreundlichen Stiftungen besitzt die Firma eine Unterstützungskasse, zu der durch Herrn Carl Hermann Schmelzer 1887 bei seinem 25-jährigen Geschäftsjubiläum mit einem Kapitale von 10 000 Mark der Grundstock gelegt wurde. Dieselbe dient mit ihren Zinsen dazu, langjährigen treuen Arbeitern jährliche Renten zu gewähren.

Nicht vergessen sei endlich, daß im Jahre 1883 Se. Majestät König Albert das Etablissement mit seinem Besuche beehrte und eingehend besichtigte – ein Beweis, daß auch an höchster Stelle die schöpferische Arbeit der Firma die entsprechende Würdigung gefunden hat.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/345&oldid=- (Version vom 2.4.2020)