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von insgesamt 136 Pferdekräften getrieben. Die Beleuchtung des Etablissements erfolgt mittelst zweier Dynamo-Maschinen, welche 400 Glüh- und 4 Bogenlampen mit elektrischem Licht versorgen. Eigene Schmiederei, Schlosserei und Tischlerei dienen teils als Nebenbetriebe, teils zur Instandhaltung dieses umfänglichen Apparates. Aus Baumwolle bester Qualität stellt die Fabrik zur Zeit folgende Produkte her: baumwollene Nessel- und Köperzeuge, Moleskin, Mousseline, Futter-Gazen, unter Hinzunahme von Leinöl alle Arten von Ledertuchen, schwarz und farbig, bedruckt und unbedruckt, Wachsmousseline, glatt wie genarbt, in Hand- und Maschinendruck; ferner Tisch- und Tafeldecken, Ledertuche für Polster-Waren und Kinderwagen, zu Schürzen und für Portefeuillezwecke; endlich noch Unterlagsstoffe und wasserdichte Packstoffe. Ihre hauptsächlichsten Absatzgebiete sind Deutschland, Dänemark, Schweden-Norwegen, Italien und Spanien.

Es ist naturgemäß, daß ein Etablissement von dieser Bedeutung auch bei der Fürsorge für seine Arbeiter von höheren Gesichtspunkten ausgeht; das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeit­-Nehmern ist das denkbar beste, schon weil beide Teile in fortwährender persönlicher Berührung stehen. Ein großer Stamm alter Arbeiter, die schon von Anbeginn an, also seit fast 40 Jahren, im Dienste der Firma stehen und deren Auszeichnung bereits beantragt ist, legt davon Zeugnis ab. Bereits seit 1861 besteht eine Fabrikkrankenkasse, die 1884 mit dem Krankenkassengesetz in Übereinstimmung gebracht wurde. Ferner hat die Firma Eduard Keffel nicht weniger wie 11 stattliche Wohnhäuser für ihre Arbeiter und Beamten erbaut, die denselben mietfrei oder gegen ganz geringe Entschädigung zur Verfügung stehen; sie hat solchergestalt den schwierigsten Teil der Arbeiterfrage, die Wohnungsfrage, in glücklichster Weise gelöst.

Die Anerkennung für ihre dem ganzen Distrikt segenbringende gewerbliche Thätigkeit ist denn auch der Firma Eduard Keffel nicht vorenthalten worden. Bereits 1868 am 17. Juli beehrte der verstorbene König Johann ihr Etablissement mit seinem Besuche und am 13. Juli 1892 nahm auch König Albert Gelegenheit, ihre Werkstätten zu besichtigen und sich über ein industrielles Unternehmen zu informieren, das mit zu den ersten des Königreichs gehört.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß die Firma eine ausgedehnte Landwirtschaft mit wahrhaft mustergültigen Einrichtungen betreibt und daß sie außerdem noch die Besitzerin des historischen „Schloßberges“ in Auerbach, Vogtl., ist, auf welchem der hoch über die Stadt hinauslugende Schloßturm im Mittelalter (13. Jahrh.) erbaut wurde. Der letztere bildet eine Zierde und eine Sehenswürdigkeit der Stadt Auerbach, weil dies der einzige erhaltene „runde“ Turm Sachsens von so hohem Alter ist und weil er einen weiten Fernblick bietet. Der Zutritt zu demselben wird gegen ein geringes Entgeld, welches dem Rettungshaus Auerbach zufließt, Jedermann gestattet. Das Etablissement der Firma Eduard Keffel, mit dem schloßähnlichen, im Jahre 1718 erbauten Wohnhause, ist übrigens wundervoll mitten im Walde gelegen; ein entzückender Anblick für den Wanderer, der das vogtländisch-böhmische Grenzgebirge durchzieht.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/206&oldid=- (Version vom 4.8.2020)