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Fr. Chr. Fikentscher in Zwickau i/S.,
Thonwarenfabrik.

Herr Fr. Chr. Fikentscher, welcher die Fabrik in Zwickau 1845 gründete, stammt aus Markt-Redwitz im Fichtelgebirge. Sein Vater, ein gelernter Apotheker, begründete dort eine der ersten chemischen Fabriken in Deutschland, welche er erst mit den bescheidensten Mitteln anfing und dann zu außerordentlicher Blüte brachte. Herr Fr. Chr. Fikentscher war schon als ganz junger Mann hierbei thätig und trug durch seine rastlose Thätigkeit wesentlich zur Hebung und Ausdehnung der Fabrik bei.

Nach dem Tode des Vaters übernahm er mit seinem Bruder die Fabrik und führte sie im Sinne des Vaters zu weiterer Entwickelung.

Sobald aber durch die Eisenbahnen ein schnellerer und lebhafterer Verkehr zwischen den von ihnen berührten Städten geschaffen wurde, machte sich die ungünstige Lage von Redwitz abseits der neuen Verkehrswege geltend, und so entschloß sich Herr Fr. Chr. Fikentscher im Jahre 1845 nach Zwickau überzusiedeln und hier eine neue Fabrik zu gründen.

Gleich von Anfang an nahm er zwei verschiedene Fabrikationszweige in Aussicht, die Herstellung von Fensterglas und die von Chemikalien. In der letzteren Abteilung wurden dargestellt: Schwefelsäure, Salpetersäure, Salzsäure, Weinsäure, Chlorkalk, Alaun und Quecksilberpräparate, wozu später noch als ein wichtiger Artikel Arsensäure kam.

Es änderten sich aber auch hier mit der Zeit die Verhältnisse. Die Hüttenwerke fingen an, die bei dem Rösten der Erze entweichenden sauren Dämpfe zu kondensieren und somit die Schwefelsäure als Nebenprodukt billig und in solcher Menge zu gewinnen, daß eine Konkurrenz hiermit ausgeschlossen war.

Somit wurde in Zwickau die Herstellung der Schwefelsäure aufgegeben und da sie die Grundlage für die anderen Chemikalien bildet, auch die Herstellung dieser mit Ausnahme der Quecksilberpräparate, welche jetzt in um so größerem Umfange dargestellt werden.

Unterdessen hatte der eigene Bedarf an feuerfestem Material für die Glasöfen Veranlassung gegeben, hierin ausgedehnte Versuche zu machen, und da feuerfeste Steine auch von anderen Werken in der Umgegend immer mehr zur Anlage von neuen Coaksöfen und Dampfkesselfeuerungen begehrt wurden, lag es nahe, diesen Fabrikationszweig weiter auszubilden.

Ferner suchte Herr Fikentscher die für die chemische Abteilung nötigen Steinzeuggefäße, welche bis dahin fast nur vom Auslande und auch von dort nicht immer in erwünschter Qualität und nur sehr teuer bezogen werden konnten, selbst herzustellen. Er kam auch hierin zu einem günstigen Resultate, freilich erst nach einer langen Reihe von zeitraubenden und kostspieligen Versuchen, welche die größte Zähigkeit und Ausdauer erforderten. Es fand sich aber dann, als die Gefäße in der eigenen Fabrik erprobt waren, auch für dieselben ein Absatzgebiet, welches trotz der indessen entstandenen Konkurrenz an Ausdehnung fortwährend gewonnen hat.

Endlich dehnte Herr Fikentscher die Fabrikation auch auf Thonröhren aus, die damals in Deutschland nur in verschwindender Menge hergestellt wurden. Welche Bedeutung diese für die Kanalisation der Städte, für Wasserleitungen und dergl. erlangt haben, ist bekannt. Es kann deshalb nicht befremden, daß Herr Fikentscher, um die Röhrenfabrikation dem Bedarf entsprechend ausdehnen zu können, die Glasfabrikation, welche sich hier ohnedies nicht sehr gewinnbringend zeigte, endlich ganz aufgab.

Herr Fr. Chr. Fikentscher starb leider schon im Jahre 1864, ehe er noch die Frucht seiner rastlosen Thätigkeit reifen sehen konnte. Doch war die vorbereitete Arbeit soweit gediehen, daß es seinen Nachfolgern gelungen ist, das damals noch kleine Etablissement auf die jetzige Höhe zu bringen.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1892, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_1.pdf/120&oldid=- (Version vom 23.2.2020)