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verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang

müßte sie verwenden, alle diese Vorräthe aufzukaufen. Nun bringen die neuesten Nachrichten die sichere Mittheilung, daß die Verhandlungen über eine Zollverbindung sich zerschlagen haben. Die Freunde der wohlfeilen Ausgaben brauchen nun nicht zu zittern.

Zwei Arbeiter (Frederic Grandrieu, Tischlergeselle, und Louis Adolphe Gigot) sind dieser Tage in Brüssel aufgefangen und ins Staatsgefängniß geführt worden. Beide sind Franzosen. Ihr Verhör wird sehr geheim betrieben, da ihr Verbrechen im Zusammenhange mit dem Attentate auf den Herzog von Aumale steht.

Unter den deutschen Celebritätcn, welche im Laufe dieses Sommers Belgien bereisten, finden sich die Namen: Savigny, Ranke, Rau, Thiersch, Cornelius, Bendemann.

L.     




Göthe’s Egmont als Flamänder.

Von Delcourt, einem jungen sprachgewandten belgischen Schriftsteller, erscheint eine Uebersetzung von Göthe’s Egmont in flamändischer Sprache. Diese Uebersetzung wird wahrscheinlich auch in Deutschland Interesse erregen. Setzen wir uns in die Zeit des Egmont zurück, so müssen wir uns die größere Hälfte des Dramas in flamändischer Mundart gesprochen denken. Oranien und die Regentin sprachen gewiß also. Egmont, der Hofmann, bediente sich vielleicht des Französischen oder des Spanischen als Umgangssprache. Einen eignen Reiz aber müssen die meisterlichen Volksscenen dieser Dichtung durch die Uebertragung in den Localausdruck gewinnen.




Selbstmörder auf der Eisenbahn.

Innerhalb vierzehn Tagen ereigneten sich auf unsern Eisenbahnen zwei gräßliche Beispiele raffinirten Selbstmords. Ein Mann warf sich der Länge nach auf die Eisenschienen, in dem Momente, wo der Wagenzug anrasselte; die gräßliche Zerschmetterung erfolgte im Augenblicke. Das Entsetzengeschrei, welches die Journale hierüber ausdrückten, hat nichts zu Folge gehabt, als daß wenige Tage darauf ein Anderer (ein Gärtnerbursche von 21 Jahren) demselben Beispiele folgte.




Geimüller als Maltheser.

In einem Privatbriefe, den wir dieser Tage erhielten, lasen wir folgende Stelle: „In La Valetta speiste ich an der Tablec d’Hote. Plötzlich tönten deutsche Laute an mein Ohr, österreichischer Dialect. Ein Herr mit etwas verwittertem Gesichte, in dessen Mienen ein sonderbares Gemisch von Wohlleben und Sorgen sich ausdrückte, unterhielt sich auf gut Wienerisch von den Herrlichkeiten seiner vaterländischen Kirche. Ich erkundigte mich nach seinem Namen, und erfuhr, es sei Herr Geimüller, der gefallene Bankheld aus Wien. Herr Geimüller in Malta! Für einen maltheser Ritter hat der Mann kein Talent. Eine Niederlage von 8 Millionen Wiener Gulden ist schwerer zu verbessern, als eine verlorene Schlacht. Herr Geimüller hat von den Trümmern seines Heeres Nichts gerettet; wie man versichert, soll Rothschild, der bedeutende Summen bei dem Banquerott verlor, ihm großmüthigerweise noch 3000 Gulden Reisegeld baar geschenkt haben, um dem

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verschiedene: Die Grenzboten, 1. Jahrgang. Herbig, Leipzig 1841, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Grenzboten_1-1841.pdf/42&oldid=- (Version vom 31.7.2018)