Seite:Die Goldkarawane.pdf/215

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wo er sich befindet. Ich bin also ganz im ungewissen darüber, ob er noch lebt oder –“

Er schwieg plötzlich. – Unbeabsichtigt hatte ich mir soeben mit der linken den Hut mehr aus der Stirn geschoben. Dabei mußte er den Ring erblickt haben, das Andenken, das ich von dem Einsiedler des Tempelfelsens erhalten hatte.

„Woher – woher dieser Ring?“ fragte er nun verwirrt. „Es ist ein altes Stück – Thomas trug einen solchen!“ Er nahm meine linke Hand, betrachtete den Ring aus nächster Nähe. Dann rief er:

„Da – neben der Platte mit dem Gemmenkopf stehen ja auch die Anfangsbuchstaben des Namens meines Bruders und das Datum 17. 3. 1872. Es ist sein Geburtstag. – Woher der Ring – sein Ring?!“

Es war eine peinliche Lage für mich. Ich durfte ihm ja die Wahrheit nicht sagen; ich hatte Stillschweigen gelobt.

Dann – ein Gedanke!

„Warten Sie bis morgen mittag, Rastra,“ meinte ich ernst. „Vielleicht kann ich Ihnen dann Mitteilungen machen, die mir heute noch verboten sind.“

Er schüttelte erstaunt den Kopf, wollte noch etwas fragen. Ich erklärte jedoch, ich müßte jetzt sofort den Verband der Stichwunde meines braven Ibrahim erneuern, schritt langsam davon.

Ibrahim ging es zum Glück den Umständen nach recht gut. Ich setzte mich neben sein Lager. Er lächelte mir matt zu. Sprechen konnte er nicht.

„Rastra ist doch ein Ehrenmann, Ibrahim,“ sagte ich. „Ich habe ihm alles verziehen.“




Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/215&oldid=- (Version vom 31.7.2018)