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und fing nun mit versonnener Stimme, den Blick zu Boden gerichtet, von sich selbst zu sprechen an.

„Vertrauen gegen Vertrauen! Auch Sie sollen erfahren, wer ich bin – ein geborener Holländer, ein Abenteurer, der alle Berufszweige kennen gelernt hat, der einst auch – Löwenbändiger war. Hier in Afrika nannte ich mich Koorb ten Iuz –“

Koorb ten Iuz! Ich hatte es bereits geahnt! Er war der zweite Überlebende jenes furchtbaren Blutbades.

„An meinen Händen klebt Blut – ich bin ein vielfacher Mörder!“ fuhr er fort. „Die Goldgier hat mich dazu gemacht – die Karawane des ewigen Fluches, wie ich sie nur noch nenne! – Als Augustus sich heimlich von mir getrennt hatte, versuchte auch ich bewohnte Gegenden zu erreichen. Doch bereits in der Nähe des Dschebel el Tit stürzte ich, von plötzlichem Schwindel gepackt, einen steilen Abhang hinab. Als ich zu mir kam nach schwerer Betäubung, befand ich mich in diesem Raume, der damals nur ein Lager aus Fellen enthielt. Der Marabut, ein uralter Araber, hatte mich gerettet. Die überstandenen Schrecknisse hatten mein Haar gebleicht. Wir waren gleich groß, und so konnte ich es nach seinem plötzlichen, sehr bald erfolgten Tode wagen, seine Rolle hier weiter zu spielen. Über drei Jahre hause ich nun in der weltabgeschiedenen Einsamkeit. Ich habe ein Gelübde getan, dieses Tal nie mehr zu verlassen. In jedem Frühjahr kommen die Pilger – oft zu fünfzig auf einmal. Ich erteilte ihnen von der Höhe des Felsens aus Rat, auch in Krankheitsfällen. Sie verehren mich als Heiligen, bringen mir Lebensmittel, Geschenke. Ich habe trotz der kurzen Zeit, die ich hier den angeblich sogar mehrere hundert Jahre alten Marabut vorstelle, bereits mancherlei Schätze gesammelt, – wertvolle Stoffe, Goldstaub, goldene Zierate und manches andere.

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/190&oldid=- (Version vom 31.7.2018)