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waren die Gestirne eins nach dem andern am nächtlichen Firmament aufgetaucht. Und mit ihrem Erscheinen hatte sich auch die beklemmende Stille ringsum ein wenig belebt. Tierstimmen wurden laut, bald näher, bald ferner. Das große und kleine Raubzeug der Wüste hatte seine Schlupfwinkel verlassen und strich beute- und nahrungsuchend umher. Hyänen heulten. Ich kannte diese häßlicken Töne schon, die mitunter wie ein wahnwitziges Gelächter klangen. Die kleinen Wüstenfüchse, oft rudelweise auftretend, ließen ihr kurzes, helles Bellen hören. Löwen schien es hier nicht zu geben, obwohl gerade das Randgebiet der Sahara von ihnen als Standort bevorzugt wird.

Einmal scheuchte ich ein paar Strauße auf. Sie waren im Augenblick verschwunden. Es waren die ersten, die ich in der Freiheit sah. Sie sind selten geworden. Die Gewinnsucht des Menschen wird auch sie vielleicht bald ganz ausgerottet haben.

Ständig aber begleitete mich auf meinem einsamen Wege das zarte Pfeifen und Trillern eines lerchenähnlichen Vogels, den die Beduinen Kilhü nennen und der, ähnlich wie die Nachtschwalben Arabiens, erst nach Eintritt der Dunkelheit in kleinen Schwärmen scheinbar planlos hierhin und dorthin zieht. Diese Vogelstimmen, die aus der Höhe zu einem herabdringen, ohne daß man etwas von den kleinen Sängern selbst zu erblicken vermag, sind von eigenem Reiz. Sie waren mir nichts Neues, und doch lauschte ich gern den verklingenden Tönen, die wie das Wispern ziehender Geisterscharen sich anhörten.

Daß ich stets mit größter Wachsamkeit in die Ferne spähte und besonders hohe Dünen immer wieder als Beobachtungspunkte benutzte, machte mir mein Vorhaben zur Pflicht. Bisher hatte ich jedoch nirgends das geringste Anzeichen für die Nähe eines Beduinenlagers bemerkt. Dann aber trug der sanfte, kühle Nachtwind

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/114&oldid=- (Version vom 31.7.2018)