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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

und vierrädriger Gefährte der Griechen und Römer. Im Mittelalter galt die Benutzung eines Wagens zunächst als weibisch, der Mann ritt. Allmählich aber kam die Benutzung der Wagen mehr und mehr auch allgemein auf. Nur daß der Zustand der Wege eine Wagenfahrt nicht gerade zu einem besonderen Vergnügen machte. Ums Jahr 1673 hatte ein braver Mann, der Weigel hieß, eine zerlegbare Feldkutsche gebaut, die auf die Beschaffenheit der damaligen Straßen manch peinlichen Schluß zuläßt.

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Postbote in den
Kordilleren.     

Japanischer Postbote, einen
      Briefkasten leerend.

In der Erläuterung zu seinem Kunstwerk sagt er nämlich: „Auf der Kutsche sitzt und lieget man so sanft und bequem, daß die sonst unausbleiblichen Stöße, weil die Wagen des ungleichen Weges halber immer hin- und herschlagen, von der natürlichen Büge des Leibes ganz lieblich aufgenommen, und das Schüttern, es mag der Wagen über unsanften Weg aufspringen, so hoch er will, von dem künstlichen Polsterwerk in lieblich Hetzschen verwandelt wird. Ja wenn auch durch Verwahrlosung des Knechts der Wagen außer dem Geleiß oder über einen hohen Stein oder Hügel geführet, nothwendig umbfallen müßte, so können den noch die drinnen Sitzenden ohne Schaden des mit Umbfallens sein. Denn die zur andern Seiten können den Schlag geschwind aufmachen, zugleich alle miteinander Herausspringen (welches in den gemeinen Kutschen nicht möglich), die bei der fallenden Seiten aber können sich bald umbwenden oder in dem umbfallenden Wagen sich nur contra Welzen, so werden sie von dem Wagen frei.“ Auch der nebenstehend abgebildete kursächsische Hof- und Reisewagen vom Jahre 1730 zeigt durch seine massive Bauart, wie man mit den Unbilden der Wege rechnen mußte. Er hatte eine Bespannung von vier bis acht Pferden und war mit einem Hemmschuh und hinten mit einer Gabel versehen, die das Zurückgleiten von einer glücklich erklommenen Höhe verhindern sollte. Hinter dem Kutscher ist reichlich Platz für Reisekoffer; das Futter für die Pferde wurde auf dem Verdeck mitgeführt. Das Original des Wagens befindet sich im Marstall zu Dresden; das Modell im Reichspostmuseum ist 60 cm lang.

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Das Geburtshaus Heinrich Stephans
zu Stolp i. Pommern.

Aus neuerer Zeit sind die verschiedensten Postkutschen vorhanden. Da ist „der Thurn und Taxis’sche bequeme Schwimmer“, die „Preußisch Naglersche weich gepolsterte, rasch bespannte Kutsche“ und die „bequem dehnliche bayerische Chaise“. Da findet sich ferner eine englische Mail coach aus den vierziger Jahren und ein sonderbarer dänischer Kauz (s. die Abbildung S. 314), von dem auf einem Täfelchen ausdrücklich zur Belehrung des Beschauers, der etwa glauben könnte, die Fahrgäste wären darin wie Wurstfüllsel gestopft mitgeführt worden, gesagt wird, daß er nicht zur Personen-, sondern nur zur Briefbeförderung diente. Daß sämtliche Gefährte der deutschen Reichspost im Museum vorhanden sind, versteht sich von selbst. Einen interessanten Gegensatz zu diesen modernen Gespannen bilden die Gefährte, mit denen heute noch in Rußland in den Eiswüsten Sibiriens und den asiatischen Steppen die Post befördert wird (s. unsere Abbildung S. 313.)

Auch die Eisenbahn, soweit die Post sie sich dienstbar gemacht hat, ist vertreten. Wie Spielzeug für große Kinder stehen da die mit sauberstem Fleiß bis ins kleinste naturgetreu gearbeiteten Modelle der deutschen, englischen und amerikanischen Bahnpostwagen.

In einen kostbaren Spielwarenladen könnte man sich auch versetzt glauben, wenn man in der Schiffsabteilung Umschau hält, wo Christoph Columbus’ Caravelle „Santa Maria“ einträchtig neben dem Schnelldampfer „Kaiserin Auguste Viktoria“ steht, umgeben von einer Flotte der bemerkenswertesten Fahrzeuge. – Einen besonderen Besuch seitens des Liebhabers verdient die Postwertzeichensammlung. Diese enthält so ziemlich alles, was erschienen ist an den mit Wertstempeln versehenen Marken, Umschlägen, Streifbändern, Postkarten und Postanweisungen aller Länder. Außerdem finden noch die Postkarten und Postanweisungen ohne Wertstempel, sowie die nicht in den amtlichen Verkehr gekommenen Probe- und Versuchsexemplare (Essais) von Post- und Telegraphenwertzeichen Berücksichtigung.

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Kursächsischer Hof- und Reisewagen.

Das Telegraphen- und Telephonwesen nimmt einen bedeutenden Raum des Museums ein. Hier überwiegt naturgemäß

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0315.jpg&oldid=- (Version vom 24.4.2024)