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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Nr. 46.   1897.
Die Gartenlaube.
Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Jahresabonnement: 7 M. Zu beziehen in Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf., auch in 28 Halbheften zu 25 Pf. oder in 14 Heften zu 50 Pf.

Einsam.
Roman von O. Verbeck.

(15. Fortsetzung.)

33.

„Hast du Nachricht aus Breslau?“ fragte Hanna ihren Mann, als sie nach dem Heimweg vom Tiergarten ins Haus eintraten. Sie wußte aus Erfahrung, daß nicht Weiterschweigen, sondern Weitersprechen, aber von ganz anderen Dingen ihre nächstliegende Aufgabe war.

„Ob ich was?“ Er mußte sich einen Augenblick besinnen; so war er von seinen brütenden Gedanken benommen.

„Hat deine Schwester geschrieben?“

„Ja. Jawohl. Also erst Sonnabend. Sie wollen alle zusammen reisen und Linchen ist noch nicht soweit. Daß nur ja nichts vergessen wird in den Zimmern!“

„Sie sind schon bereit.“

„Teppiche gelegt? Betten bezogen?“

„Gewiß. Alles. Es fehlt nur noch das frische Wasser.“

„Na, ich werde mich jedenfalls erst noch selbst überzeugen.“

„Bitte,“ sagte Hanna gleichgültig. Sie hatte das vorhergewußt.

„Bestelle übrigens Blumen. Nein, laß nur, ich werde es lieber selbst thun. Meinem Geschmack trau’ ich denn doch mehr.“

„Wie du willst.“

„Wie du willst,“ ahmte er übertrieben gedehnt ihre leise Stimme nach. „Das klingt wie ein Täubchen von Sanftmut. Und dabei ärgerst du dich schmählich im stillen, daß ich mich in solchen Dingen nicht auch noch von dir bevormunden lassen will.“

Hanna lächelte schwach. Vor drei, vier Jahren hätte sie sich eifrig und wahrscheinlich gereizt verteidigt.

„Es ist mir sehr angenehm,“ sagte sie nun ruhig, daß du mir die Blumenbesorgung abnimmst. Du hast das immer viel besser verstanden als ich.“

Zu ihrem Erstaunen antwortete er nicht; sie hatte noch eine kleine Bosheit als Punkt und Absatz erwartet.

Mitten auf der Treppe zum oberen Stock hielt er an, mit einer seltsam flackernden Röte im Gesicht und legte sich die Faust auf die Brust. „Was soll denn das heißen?“ sagte er verwirrt. „Das ist nun schon das zweite Mal.“

„Was denn?“ fragte Hanna betroffen.

„Herzklopfen. Gestern auch. Beim Treppen steigen.“

„Es wird nichts sein,“ begütigte Hanna. „Ein Zufall. Es giebt sich auch wohl schon?“ schloß sie, da seine natürliche Farbe zurückkehrte und er die Hand sinken ließ.

„Scheint. – Ja,“ sagte er nach einer Pause aufmerksamer Selbstbeobachtung, er stieg dann langsam und bedächtig weiter hinauf. Oben angekommen, atmete er tief.

„Schon wieder“, murmelte er.

„Aber nicht arg?“

Aegyptische Frauen mit ihren Kindern.
Nach einer Originalzeichnung von M. Rabes.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 757. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_757.jpg&oldid=- (Version vom 26.11.2021)