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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

zwischen sich unterseeische Gärten, die aus jenen Wundergebilden bestehen, die wir in unseren Aquarien anstaunen und die wir eher zum Pflanzen- als zum Tierreich zu zählen geneigt sind.

Dieser äußere Wall von Inseln und Riffen, den Cayos oder Kays, erschwert die Annäherung an die Insel zur See, macht die Küstenschiffahrt überaus gefährlich und hat auch seine strategische Bedeutung in den zahlreichen Aufständen dieses Jahrhunderts gehabt; denn erleichterte er einerseits den ortskundigen Lotsen und Fischern das Landen von Waffen und Leuten, welche von Ferne hergebracht wurden, um die Sache der Eingeborenen zu unterstützen, so war er anderseits den verfolgenden Spaniern gefährlich, welche sich mit ihren tiefgehenden Kriegsschiffen, Kanonenbooten und Barkassen nicht zu nahe heranwagen durften.

Die Schilderungen, welche die Eingeborenen von den zur Zeit den Ausländern ganz unzugänglichen Gebirgsgegenden des Südostens der Insel machen, deren weitausgedehnter Gebirgsstock der Sierra Maestra sich an manchen Stellen bis zur Höhe von 2000 und 2500 m erhebt, lassen bedauern, daß man diese Landschaftsbilder nicht sehen kann. Denn sie müssen danach sich sehr wohl mit denen der Urwälder Brasiliens und Centralamerikas messen können und dabei noch vor diesen den Reiz der Nähe des Meeres und der Durchblicke auf dasselbe voraushaben. Auch in den Provinzen Puerto Principe, Santa Clara und Pinar del Rio steigt der Boden zu beträchtlicher Höhe an, und auch diese Gebirgsmassen sollen des Schönen in unendlicher Fülle besitzen; doch gerade diese Provinzen sind jetzt die Hauptschauplätze des Krieges, den die Einheimischen gegen die Herrschaft der Spanier führen. Hier spielen sich die Guerillakämpfe ab, für welche die Manigua, das Tropendickicht, so sehr geeignet ist, das unter dem Einfluß der starken Niederschläge überall da rasch entsteht, wo der Boden nicht sorgfältig bebaut ist. Die genaueste Ortskenntnis ist erforderlich, um sich in diesem Busch zurechtzufinden, und die Natur ist somit den Eingeborenen in ihrem Kampfe gegen die Spanier dienlich, vor denen sie auch den Vorzug haben, ausgezeichnete Reiter zu sein.

Die Columbus-Kapelle in Habana.

Der Mangel an fahrbaren Landstraßen macht nämlich außerhalb der Städte und ihrer nächsten Umgebung das Reiten zum einzigen Verkehrsmittel, wodurch die Landbewohner von Kindesbeinen an daran gewöhnt sind, im Sattel sich heimisch zu fühlen, so daß sie beim Reiten mit ihren ausdauernden kleinen Pferden völlig verwachsen erscheinen. Letztere müssen auch als Lasttiere dienen, wo noch keine Eisenbahnen vorhanden, wo die Wege so grundlos sind, daß selbst die leicht beweglichen zweirädrigen Karren nicht verkehren können, wo Bäche und Flüsse zu passieren sind, was bei dem außerordentlichen Wasserreichtum der Insel sehr häufig der Fall ist. Karawanen sind erforderlich, um die Produkte des Landes aus den entlegeneren Gegenden nach den Stapelplätzen an den Küsten und die importierten Handelswaren von den Hafenstädten in die kleinen Ortschaften zu schaffen. Denn das Eisenbahnnetz ist trotz der großen Mittel, die im Laufe der verflossenen Jahrzehnte für seinen Ausbau ausgeworfen worden sind, noch völlig unzureichend, und es dürften zur Zeit kaum 2000 km Schienenwege im Betrieb sein.

Gute Heerstraßen, welche die für die Niederschläge der Regenzeit erforderliche Widerstandskraft besitzen, sind ebenfalls nur in geringer Zahl und Ausdehnung vorhanden, selbst viele der strategischen Wegbauten, der Trochas, welche während des letzten abgeschlossenen Aufstandes von 1868 bis 1878 angelegt wurden, sind inzwischen verfallen und müssen nun mit großen Kosten wiederhergestellt werden. Der Hauptverkehr erfolgt daher zur See und die Küstenschiffahrt ist dementsprechend hoch entwickelt.

Die Bevölkerung Cubas ist zwar nicht so buntscheckig wie die mancher anderer Länder Amerikas, immerhin setzt sie sich aus mehreren verschiedenartigen Elementen zusammen, deren Mischung zahlreiche Abstufungen in der Hautfarbe und im Charakter erzeugt hat.

Mit Futter beladene Pferde in Habana.

Von der ursprünglichen Indianerbevölkernng ist auf der Insel so gut wie nichts übrig geblieben, denn sie wurde im Laufe des sechzehnten Jahrhunderts vollständig ausgerottet, und nur wenige Familien erhielten sich darüber hinaus, mehr oder minder gemischt mit spanischen Elementen, in den Bergländern des Ostens. Man will zum Teil in den Guajiros, in den Blancos de tierra, den Weißen der Landdistrikte, Nachkommen dieser indianischen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0457.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2022)