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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 6. 1896.


Emil Du Bois-Reymond. Im vorigen Monat war es Professor Emil Du Bois-Reymond in Berlin beschieden, das fünfzigjährige Jubiläum seiner akademischen Lehrthätigkeit zu feiern. Er ist einer der hervorragendsten Führer der Naturwissenschaft, auf dem Gebiete der Physiologie, der Lehre von den Verrichtungen des gesunden menschlichen Körpers, ein Bahnbrecher ersten Ranges!

Professor Du Bois-Reymond.
Nach einer Aufnahme von Loescher & Petsch, Hofphotographen in Berlin.

Am 7. November 1818 zu Berlin geboren, studierte er zunächst Philosophie und Theologie. Bald aber erwachte in ihm der Sinn für Naturwissenschaften, und so sattelte er um und begann sich in Bonn dem Studium der Erdkunde zu widmen. Schließlich fand er in der Physiologie ein Wissensgebiet, das ihn dauernd befriedigte; genoß er doch in dem berühmten Berliner Physiologen Johannes Müller einen Lehrer und Meister, der seinen Schülern überall neue Wege zu weisen wußte. Du Bois-Reymond fühlte sich zunächst von den rätselhaften Erscheinungen der Elektricität in dem tierischen Körper angezogen, und schon im Jahre 1843 lieferte er ausgezeichnete Arbeiten über das Wesen der elektrischen Fische. Schritt für Schritt verfolgte er diese Studien, und er war es zuletzt, der den Schlüssel fand zur Erkenntnis der Gesetze, nach welchen der elektrische Strom in den Nerven kreist, nach welchen er diese sowie die Muskeln erregt. Nachdem er einige Zeit lang als Lehrer der Anatomie an der Berliner Kunstakademie und als Assistent am Anatomischen Museum thätig gewesen war, wurde er im Jahre 1855 zum außerordentlichen Professor an der Berliner Universität ernannt. Im Jahre 1858 wurde ihm die hohe Ehre zu teil, als Nachfolger von Johannes Müller die ordentliche Professur zu erlangen. Du Bois-Reymond entfaltete nunmehr auch als akademischer Lehrer eine äußerst segensreiche Thätigkeit. Das Berliner Physiologische Institut entfaltete sich unter seiner Leitung zu einer Musteranstalt, die nunmehr, was Hilfsmittel und Lehrkräfte anbelangt, zu den berühmtesten Instituten der Welt zählt. Bei verschiedenen festlichen Gelegenheiten hat Du Bois-Reymond Reden gehalten, die wissenschaftliche Zeitfragen betrafen, aber nicht ausschließlich an Fachleute, sondern an weitere Kreise der Gebildeten gerichtet waren. Seine Vorträge über Leibesübungen fanden lebhaften Beifall und stifteten Nutzen auch in Turnerkreisen. Von Du Bois-Reymond stammt auch das geflügelte Wort „Ignorabimus“ (wir werden es nicht wissen!). Mit diesem Worte schloß er seine auf dem Naturforschertage zu Leipzig im Jahre 1872 gehaltene Rede, in welcher er vor Versuchen warnte, mit Hilfe der naturwissenschaftlichen Experimentalmethoden alle Welträtsel, namentlich das Wesen des Seelenlebens und des Bewußtseins, erklären zu wollen. Das Hauptwerk seines Lebens führt den Titel „Untersuchungen über tierische Elektricität“, in dem seine epochemachenden, über Jahrzehnte sich erstreckenden Arbeiten niedergelegt worden sind. Jahre hindurch redigierte er das von Johannes Müller gegründete „Archiv für Anatomie“, und seit 1877 giebt er das „Archiv für Physiologie“ heraus.

Psychophotographie. Daß vom Auge im Dunkeln Lichtstrahlen ausgehen, ist schon seit langer Zeit erwiesen. Neuerdings aber berichtete die englische Zeitschrift „Nature“von einer Einwirkung des menschlichen Blickes auf photographische Platten, die höchst überraschend ist, ja geradezu unglaubhaft erscheint. Ingles Rogers, der Gewährsmann der Zeitschrift, sah eine Schillingmünze eine Minute lang bei vollem Tageslichte scharf an, um sich ihr Bild möglichst genau einzuprägen. Nachdem das Zimmer hierauf sofort in eine Dunkelkammer verwandelt wurde, richtete er seinen Blick auf eine vor ihm liegende photographische Platte, wobei er bestrebt war, sich das Bild der Münze möglichst scharf zu vergegenwärtigen. Auf diese Weise blickte er die Platte etwa drei Viertelstunden lang an. Als darauf die Platte in üblicher Weise entwickelt wurde, zeigte sich in ihrer Mitte ein Bild, welches die Umrisse der Münze wiedergab. Der Versuch wurde vor Zeugen wiederholt, wobei eine Briefmarke als Anschauungsobjekt gewählt wurde. Auch dieser Versuch gelang; wenn auch die Details der Briefmarke auf der Platte nicht erschienen waren, so kam doch ein Bild zu stande, das die Umrisse der Briefmarke wiedergab. Sollten wirklich bei lebendiger Vorstellung eines Bildes Strahlen von der Netzhaut unseres Auges ausgehen, die das gedachte Bild auf photographische Platten übertragen können? Unmöglich wäre das nicht; eine Bestätigung dieser „Psychophotographie“ ist aber dringend nötig. *     
Schwarze Eidotter. Neuerdings hat man in England die Beobachtung gemacht, daß die Enten eines Geflügelhofes Eier legten, deren Dotter nicht gelb, wie gewöhnlich, sondern schwarz gefärbt war. Die Eier hatten dabei keineswegs einen unangenehmen Geschmack. Man untersuchte den Fall näher und glaubte auf Grund der Ermittelungen folgende Erklärung geben zu können. In der betreffenden Gegend fressen die Enten verhältnismäßig viel Eicheln, die reich an Gerbstoff, Tannin, sind. Da nun der Eidotter reich an Eisen ist, so ist es sehr wahrscheinlich, daß Tannin und Eisen miteinander eine Verbindung eingehen, die schwarz gefärbt ist. Ein ähnlicher Vorgang spielt sich bekanntlich bei der Herstellung der Schreibtinte ab. So hätte die Natur in den Enteneiern ausnahmsweise Tintenschwärze erzeugt.*     

Gold und Silber in der Industrie. Der größte Teil der Edelmetalle, die jahraus jahrein gewonnen werden, wird als Münze in Umlauf gebracht; aber auch die Industrie braucht Gold und Silber, um allerlei Schmuck- und Gebrauchsgegenstände herzustellen. Nach dem jüngst erschienenen Berichte des amerikanischen Münzdirektors verarbeitete die Edelmetallindustrie im Jahre 1894 rund 78500 kg Gold und 802000 kg Silber. Der Geldwert dieser Goldmasse beläuft sich auf 209 Millionen Mark, der des verbrauchten Silbers auf 133 Millionen Mark. Die deutsche Industrie verarbeitete 15000 kg Gold und 100000 Silber, England dagegen 17000 Gold und 80000 Silber. Im allgemeinen wird etwa ein Drittel der Jahresausbeute an Gold und ein Sechstel der Jahresausbeute an Silber von der Industrie für ihre Zwecke beansprucht. Infolge des Sinkens der Silberpreise ist in den letzten Jahren die Verarbeitung des Silbers zu Schmuck- und Gebrauchsgegenständen stark gestiegen. *     


Hauswirtschaftliches.

Ein neuer Petroleumkochapparat. „Vulkan“ heißt der untenstehend abgebildete Kochapparat, und in der That brennt er unter Sausen und Rauschen, das man in unseren Küchen nicht gewöhnt ist.

Ein neuer Petroleumkochapparat.

Kein Wunder, denn dieser von der Firma Hugo Kretschmann in Berlin in den Handel gebrachte Apparat ist nach dem Prinzip der Lötlampen gebaut. Wollen wir ihn benutzen, so drehen wir die Füllschraube (a) auf und füllen den Behälter etwa dreiviertel voll mit Petroleum; hierauf schließen wir die Füllöffnung wieder zu, gießen auf das Schälchen (b) etwas Spiritus und zünden denselben an, wodurch das Brennrohr erhitzt wird. Sofort nach dem Anbrennen des Spiritus wird die kleine Ventilschraube (c) zugedreht und nach einer Weile der Pumpkolben (d) einige Male in Bewegung gesetzt. Die verdichtete Luft im Behälter treibt das Petroleum nach einer kleinen, bei e angebrachten Oeffnung hin; hier wird dasselbe sofort in Gas verwandelt, und dieses entzündet sich an dem noch brennenden Spiritus; nun zischt die Flamme mit Kraft und läßt sich nach Belieben regulieren. Der „Vulkan“ erzeugt weder Ruß noch Rauch und bei richtiger Handhabung auch keinen Geruch, er verbraucht verhältnismäßig wenig Petroleum und liefert so viel Hitze, daß selbst Plätteisen binnen 10 Minuten auf ihm gebrauchsfertig gemacht werden können, dabei brennt er sicher fort auch im Freien bei windigem Wetter. Zweifellos wird er in Fällen, wo man in bequemer Weise in kurzer Zeit starke Heizkraft braucht, sich in Haushaltungen, sowie in Werkstätten nützlich erweisen.

Ein praktischer Theelöffel. Bekanntlich ist in Beziehung auf den THee der Geschmack verschieden. Der eine liebt ihn stärker, der andere schwächer. Um nun jedem einzelnen die Zubereitung seines Thees in der gewünschten Stärke zu ermöglichen, hat man einen Theelöffel ersonnen, der zugleich an die Stelle des Theesiebs und des Theeeis tritt.

Ein praktischer Theelöffel.

Er besteht aus einem Löffel, dessen Höhlung siebartig durchlöchert und mit einem ebensolchen Klappdeckel versehen ist. Will man sich seine Tasse Thee zurechtmachen, so füllt man den Löffel mit Thee, klappt den Deckel zu, giebt das siedend heiße Wasser in die Tasse und rührt dann so lange mit dem gefüllten Löffel herum, bis der gewünschte Grad von Stärke erzielt ist. Ist es so in der Gesellschaft, am Familientische ermöglicht, auf verschiedene Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, so wird der handliche Löffel auch in der Wirtschaft einzelstehenden Personen ein willkommenes Geräte bilden, da er das Verfahren bei der Zubereitung einer einzelnen Tasse recht einfach gestaltet.

Auflösung des Schrifträtsels „Arabische Moscheetafel“ auf der 1. Beilage zu Nr. 5.

Die scheinbar arabischen Schriftzüge sind genau besehen nur etwas verschrobene lateinische Buchstaben unseres Schriftsystems. Man lese zuerst in den zwei oberen Tafeln alle Buchstaben ab, in oder bei welchen ein Punkt steht, und dann in zweiter Lesung jene, bei oder in denen ein Strich steht. Dasselbe gilt bei den zwei unteren Tafeln: zuerst die Buchstaben mit zwei Punkten und darauf die mit zwei Strichen. Es ergeben sich dann die Worte:

Friede ernaehrt, Unfriede verzehrt.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 100a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0100_a.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2023)