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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

diesen Gewinn so hoch, daß Hüttenwerke, welche Koks in größerer Menge bedürfen, einen Theil derselben in eigenen Koksbatterien erzeugen, um ihre Kessel ebenfalls durch die „Abhitze“ feuern zu können.

Während der Verkokung backt nun die Kohle zu einer Art von Kuchen zusammen.

Nach 48 Stunden ist der Prozeß vollendet. Die Zellen werden alsdann auf beiden Seiten geöffnet, damit man den Inhalt herausdrücken kann. Zu dem Zweck ist eine besondere Dampfmaschine, eine Art Lokomotive, hinter der Batterie aufgestellt, mit der man hin und her fahren und hinter jeder Zelle Aufstellung nehmen kann. Diese Maschine treibt an einer langen Zahnstange einen Stempel vom Querschnitt der Zelle durch dieselbe hindurch und schiebt so am entgegengesetzten Ende die noch glühende, teigartige Koksmasse hinaus. Löschmannschaften richten sofort einen Wasserstrahl gegen dieselbe, um Verlusten durch Verbrennung an der Luft zu begegnen.

Die noch glühenden Zellen werden alsbald wieder mit Kohlen gefüllt, und das vorige Spiel beginnt von neuem.

Um dies Füllen bequem und rasch ausführen zu können, geht eine Eisenbahnanlage über die ganze Batterie hinweg. So können die Kohlen unmittelbar über die Füllschächte gefahren und in dieselben hinabgestürzt werden.

Die gewonnenen Koks sind nun, zumal sie beim Entleeren der Zellen durch den Stempel eine Pressung erlitten, fest und ziemlich schwefelfrei. Freilich sind diese Vortheile durch einen Verlust erkauft worden. Man rechnet im Ruhrgebiet, daß etwa 30% der Kohle verloren gehen; die Ausbeute, das „Ausbringen“, an Koks beträgt somit etwa 70%, kann jedoch unter günstigen Umständen 85% und noch darüber erreichen. Neuerdings ist es übrigens gelungen, das Verfahren noch erheblich zu verfeinern. Durch Einrichtungen ähnlich denen, wie sie bei der Leuchtgasfabrikation bestehen, vermag man dem bei der Verkokung freiwerdenden Gas, ehe es seinen Dienst bei der Heizung der Oefen übernimmt, seinen Gehalt an Theer und Ammoniakwasser und außerdem noch an Theerölen abzunehmen, welch letztere mit ihren Ableitungen, z. B. dem Benzol, in der Bereitung der Anilinfarben eine wichtige Rolle spielen.

Nicht jede Kohle eignet sich zur Koksbereitung. Bedingung ist, daß dieselbe in der Hitze zusammenbackt und dabei soviel Gas entweichen läßt, als zur Erzeugung der nöthigen Hitze gerade erforderlich ist.

Einen Ueberschuß an Gas hat man nicht gern, da derselbe einen unnöthigen Verlust, eine Abminderung des „Ausbringens“, zur Folge hat. Eine mäßig „fette“ Kohle eignet sich am besten. Ganz ungeeignet jedoch sind die „mageren“ Kohlen, die nicht backen und kein oder nur wenig Gas geben. Dies war nun früher für die „mageren“ Zechen recht schlimm, da sie für die große Menge ihrer „Feinkohlen“ kein rechtes Unterkommen zu finden wußten. Zwar kann man von denselben soviel einer fetten Kohle beimischen, daß das Ganze nunmehr verkokbar wird, Rücksichten auf den Herstellungspreis aber werden dies in den meisten Fällen verbieten. Gewöhnlich werden die nicht backenden Feinkohlen zur Darstellung der Briquetts (Preßkohlen) benutzt, wozu man allerdings an einigen Stellen auch fette Kohlen verwendet.

Die Briquettpresse.

Die Briquetts werden aus feinem Kohlenpulver hergestellt. Da dasselbe jedoch für sich auch in der Hitze nicht backt, so bedarf es eines Zusatzes, der diese Verbindung der kleinsten Theilchen zu einer festen Masse zu bewirken vermag. Allgemein wird dazu ein fester, spröder Asphalt genommen, „brai sec“ genannt, der in der Hitze schmilzt und von dem etwa 5 bis 7%, je nach der Beschaffenheit der Kohle, zugesetzt werden. Dieser Asphalt wird als Nebenerzeugniß bei der Leuchtgasfabrikation gewonnen und unterscheidet sich von Theer wesentlich dadurch, daß er schon bei gewöhnlicher Temperatur fest ist. Früher schwer verkäuflich, ist diese Substanz jetzt so gesucht, daß sie einen bestimmenden Einfluß auf den Preis der Briquetts ausübt und selber in den letzten Jahren im Werth auf das Doppelte gestiegen ist.

Das Gemenge von Kohle und Asphalt wird auf einen großen sich drehenden Tisch gebracht, über den eine lange Flamme hinwegstreicht. Dadurch wird dasselbe bis zur Backfähigkeit erhitzt, um nun den Pressen zugeführt zu werden, welche die Masse entweder zu würfelförmigen Stücken oder zu Knollen von Faustgröße („Eibriquetts“) formen. Solche Tische entwickeln jedoch aus dem Asphalt des Gemenges einen recht lästigen Rauch. Daher zieht man neuerdings vor, die Erweichung der Masse in geschlossenen Trommeln durch stark überhitzten Dampf zu bewirken.

Die Pressen nach Couffinhal-Biétrix[WS 1] sind in Westfalen am verbreitetsten. Sie pressen die Kohle erst von oben und dann auch noch von unten mit einem Druck von 180 kg auf den Quadratcentimeter zusammen. Eine solche Presse liefert in der Minute 28 Briquetts zu 5 kg, also 140 kg in der Minute oder 8400 kg in der Stunde, d. h. in der zehnstündigen Arbeitsschicht 84 000 kg oder über 8 Doppelwaggons.

Im Ruhrgebiet giebt es Zechen, welche 3 solcher Pressen gleichzeitig im Betriebe haben. Schon hieraus folgt wohl die ausgedehnte Verwendung, welche sich dies Fabrikat in wenigen Jahren erobert hat.

Ein gutes Briquett muß so fest sein, daß es, von einem kräftigen Manne so hoch wie möglich geworfen, beim Aufschlagen nicht zerbricht. Diese Festigkeit in Verbindung mit der regelmäßigen Form der Stücke, welche eine knappe Raumausnutzung beim Verladen gestattet, macht die Briquetts zum Versand auf weite Entfernungen besonders geeignet. Freilich neigen sie auch wegen ihres Asphaltgehaltes zur Entwicklung von Ruß, und dies ist doch in vielen Fällen ein fühlbarer Uebelstand.

Wir sehen also, daß von der rohen Förderkohle vielverzweigte und oft lange Wege zu den Kohlensorten führen, welche der Mensch zu seinen mannigfachen häuslichen und industriellen Bedürfnissen benutzt. Und wenn wir diese Wege in ihrer Gesammtheit überblicken, so erkennen wir ein gemeinsames Ziel, dem sie zustreben. Es heißt: höchste Ausnutzung der kostbaren Schätze der Tiefe, peinliche Sparsamkeit mit den schwarzen Diamanten!

E. A.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Couffinbal-Biétrix
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 852. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_852.jpg&oldid=- (Version vom 10.2.2024)