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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

an die Brunnen Roms, besonders an den Obeliskenbrunnen Bernini’s auf der Piazza Navona. Und damit ihm ein Dichterwort nicht fehle, trägt er in vergoldeter Inschrift die sinnvollen Verse Paul Heyse’s:

„Zum Himmel streben
In frischer Kraft,
Der Erde geben,
Was Segen schafft,
In lauterer Quelle
Lehrt es die Welle.“

Der Brunnen macht in der That, wie auch unser Bild beweist, einen stattlichen und imposanten Eindruck. Im zweiten Granitbecken, welches das erstere wesentlich überhöht, erhebt sich auf einem Unterbau aus natürlichem Felsen der aus Einem Stücke gehauene Obelisk. Der Wasserguß selbst ist reichgegliedert durch den in farbigem Bronzeguß ausgeführten Figurenschmuck, der dem Brunnen nach allen Seiten hin ein scharf sich abzeichnendes Profil giebt. An den vier vorspringenden Ecken des inneren Brunnens zeigen sich je zwei wasserspeiende Bronzedelphine; zu beiden Seiten des Brunnenstockes erheben sich aus dem Wasserspiegel hoch sich bäumende „Hippokampen“, fabelhafte Seethiere mit Pferdeköpfen und Fischschwänzen, gezügelt von kräftigen Tritonen von doppelter Lebensgröße, die aus Muscheln Wasserstrahlen hervorsprudeln, während die Seeungeheuer aus Mund und Nüstern die Fluthen in weitem Bogen ergießen. An den vier untersten Ecken des Sockelaufbaues zeigen sich auf granitnen Konsolen fischschwänzige Nereïden, deren zierliche Leiber mit Fischen, Korallen, Schnecken, Ruder und Dreizack ausgestattet sind, während sich aus daneben befindlichen Muscheln das Wasser über sie ergießt.

Ein noch bei weitem größeres Geschenk war der Stadt Leipzig schon früher zugefallen. Der am 14. November 1880 gestorbene Rentier Franz Dominic Grassi hatte in seinem Testament die Stadt Leipzig zur Erbin seines nach Abzug einer Anzahl Legate verbleibenden Vermögens mit der Bestimmung gemacht, „daß dieses Vermögen nicht auf Gegenstände des Bedarfs, zu welchen die Kommune die Mittel aufzubringen hat, sondern auf Annehmlichkeiten und Verschönerungen der Stadt zu verwenden sei.“ Das Vermögen belief sich auf 2 327 423 Mark; der Rath verfügte darüber zu Gunsten des Orchesterpensionsfonds, des neu zu erbauenden Koncerthauses und der Gründung eines Museums Grassi für Völkerkunde und Kunstgewerbe; er glaubte ferner im Sinne des Erblassers zu handeln, wenn er das Neue Museum, die Hauptstätte der bildenden Kunst in Leipzig, umbaute und verschönerte. Das alte Museum, ein Werk Ludwig Lange’s in München, war am 18. December 1858 eingeweiht worden; den Erweiterungsbau, der in einer Anfügung zweier Flügel bestehen sollte, leitete der Rathsbaudirektor Hugo Licht.

Das neue Museum auf dem Augustusplatz in Leipzig.
Nach einem Aquarell von Rathsbaudirektor G. Hugo Licht in Leipzig.

Das Werk ist in hohem Maße gelungen; die Heimstätte der bildenden Kunst tritt derjenigen der darstellenden, dichtenden, tonschöpferischen jetzt ebenbürtig gegenüber. Die Hauptfaçade ist reich gegliedert; vor dem Mitteltrakte befindet sich eine Terrasse, zu der in der Mitte eine breite Freitreppe von 14 Stufen emporführt. Souterrain und erstes Geschoß sind durchweg im Rustikastil gehalten; die beiden Flügelbauten haben je einen einfensterigen Vorsprung (Risalit) in der Mitte, dessen Ecken mit Säulen eingefaßt sind. Sie haben im oberen Geschosse drei große Rundbogenfenster; das mittlere ist von einem dreieckiger Giebel gekrönt, während die Mittelachse des Gebäudes einen runden zerschnittenen Giebel zeigt, auf dessen Sims die von Ungerer modellirten Allegorien der Plastik und Malerei liegen. Eine Dachbalustrade läuft über das ganze Gebäude mit allegorischen Dachfiguren und Obelisken. Die Rückseite, die schmälere Ost- und Westseite sind weniger betont: in den Nischen der Ostfront sind die von Werner Stein modellirten Statuen von Rafael und Michel Angelo, in den Nischen der Westfront die von Rubens und Rembrandt aufgestellt, welche Professor zur Straßen geschaffen. Im Innern ist das Vestibül, in edlem römischen Renaissancestil gehalten, wesentlich verbreitert; vornehm und großartig ist das Treppenhaus; der hellrothe Marmor der Balustraden und Pfeiler, der mosaikartige Fußboden, die Buntfarbigkeit der Wände machen den Gesammteindruck würdigster Ausschmückung, der durch die Malereien in den Deckgewölben erhöht wird. Jeder der beiden Anbauten enthält als Mittelpunkt einen großartigen, in der Höhe sich durch beide Geschosse erstreckenden Oberlichtsaal, um welchen die übrigen Räume sich in Umgängen gruppiren.

Es ist hier nicht der Ort, in allem Detail die Vorzüge und Schönheiten des Neubaues und seinen künstlerischen Schmuck zu schildern oder die Namen all der Künstler zu nennen, die sich um denselben verdient gemacht haben. Uns kommt es darauf an, dem Spender der reichen Gabe, die solchen Bau ermöglichte, als Vertreter echten, nachahmungswerthen Bürgersinns, der neben dem Guten auch das Schöne pflegt, dem Leipziger Dominic Grassi, einen kleinen Denkstein zu setzen, der seinem Namen, weit über das Weichbild seiner Vaterstadt hinaus, guten Klang verschafft. †     

Deutsche Kochkunst im 16. Jahrhundert. Daß man nach Erfindung des Drucks alsbald beflissen war, auch die Theorie der Kochkunst schriftstellerisch auszubauen und zu vervielfältigen, ist natürlich, und mehr als zuvor beeinflußt von nun an der französische Geschmack deutsche Art und deutschen Brauch, keineswegs indessen zum Nachtheil des deutschen Gaumens. In eines dieser ältesten Kochbücher einen Einblick zu gewinnen, ist vielleicht für unsere Leserinnen nicht ohne Interesse. Die Verfasserin, Frau Anna Weckerin, ist jedenfalls eine der ersten Vorläuferinnen der Frau Davidis und Frau Allerstein und theilt auf alle Fälle mit ihnen das Fragwürdige sehr vieler ihrer Recepte. Sie datirt ihr Büchlein aus dem Jahre 1596, also aus ferner, ferner Zeit, und widmet es ihrer „gnädigsten Churfürstin und Frawen, der durchlauchtigsten, Hochgebornen Fürstin und Frawen, Frawen Loysae Julianae, Pfalzgräfin bei Rhein u. s. w. Churfürstin, gewesenen Princeßin von Oranien, Gräfin zu Nassaw, Katzenelnbogen u. s. w.“ unter dem Titel:

„New, köstlich vnd nutzliches Kochbuch. In welchen kurtzlichen begriffen, wie allerhand künstliche Speisen, sowol von zahmen als wilden Thieren: Vögel und Federwildprät, grünen vnd gedörrtem Fischwerck: Wie auch allerley gebachens, als Darten, Marcipanen-Pasteten vnd dergleichen. Beneben von viel vnd mancherley Obs, von Gemüß, für Gesunde u. Kranke, in allerley Beschwärungen vnd Geprästen, auch für Kindbettherinnen, Altbetagte schwache Personen, kunst- vnd nutzlich in der eyl, vnd mit geringem kosten zubereiten und zuzurichten.“

Die Speisezettel selbst erweisen sich den früheren mittelalterlichen gegenüber bereits kultivirt: die damals üblichen Krähen, Raben, Störche, Reiher sind geschwunden. Nur „ein Essen von einem Rindsmagen für ein Fürsten“ erregt noch einiges Befremden, und auch das Recept: „Holderblütmuß zu Feigenmuß zu machen“, weckt wenig Vertrauen. Dagegen ist ein anderes: „Einen grünen oder eyngesaltzenen Biberschwantz gut zu machen“ wohl durchdacht, gründlich ausgearbeitet und löblich instruktiv. Es lautet folgendermaßen und soll auch für „Bärenklawen“ Gültigkeit haben: „Nimm den Biberschwantz vnd die Klawen, welches beydes Fischart ist, den schwantz lege auff einen Rost, vnd laß ihn wol erwarmen, so geht ihm die schwartze Haut ab; die Klawen aber brühe mit siedendem Wasser, biß die ober Haut abgehet, seude die Klawen, vnd den Schwantz in Wasser, vngefehr zwey stunde, denn so küle ihn auß, mache ihn vollend rein, schneide ihn zu Stücken, lege ihn in ein Töpfflin oder ander Gefesse, geuß ein meßlin Wein daran, thue ein wenig geriebnen Pfefferkuchen, geschnittene Mandelnkerne, grosse oder kleine Rosinen darzu, vnd laß darmit sieden, denn geuß noch ein Gläßlein Essig darein, saltze es recht, mache es mit Zucker oder Honig ein wenig süsse, würtze es mit Ingwer, Pfeffer, Zimmet, Saffran vnd Nägelin, wann es nun mit der Würtz eine weile gesotten hat, so richte den Fisch (sic) mit der Brühe an, es ist recht vnd gut. Also kan man auch die Bärenklawen zurichten.“

Nicht weniger liebevoll behandelt die Autorin das anziehende Problem, „Schnepffen gut zu braten“.

Der Suppenkatalog der Frau Anna Weckerin ist einigermaßen beschränkt, doch weist er immerhin verlockende Nummern auf wie: „Ein Reinfallsuppe. Ein guldenesuppe. Ein vast nutzliche Supp für schwache Leuth, panabra auff welsch genannt. Ein kräftig kelt Süplin. Ein Suppe, so gut als ein Mandelsuppen. Ein Supp wie ein Hafermuß. Ein Monsupp zum schlaffen“ etc. Ich indessen entscheide mich für ihre „kräfftige Kapaunen- oder Hüner-Suppe.“

Damit aber unsere schönen Leserinnen in der Lage seien, ein vollständiges historisches Diner im Genre des 16. Jahrhunderts herzurichten, so empfehle ich ihnen zum Schluß aus der reichen Receptsammlung der Frau Weckerin für Mehlspeisen ganz besonders das folgende für „Gefüllte Oblaten mit Latwergen oder Säfften“: „Nimm eine gute Latwerge oder Safft vnd weich’s in gutem Wein. Dann thu’ ein wenig Kirschmuß oder Safft daran, auch Zucker, Zimmet vnd Ingwer, vnd wanns gesotten ist, so streich’s auff die Oblaten, und eines darüber, vnd tuncke es in ein gelbes Teiglin, oder weiß, druck es allweg an orten zu mit Wasser, ehe

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_235.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2023)