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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

gradewegs zu einer Landungsstelle in der Nekropole hinüberfahren konnten, von der aus eine stattliche Doppelreihe von Sphinxen zu ihm hinführte. Nur wenige Löwenleiber und Pflasterstücke deuten noch an, welche Richtung die alte Wallfahrtsstraße innegehalten, und einzelne Fundamentsteine bestätigen die Vermuthung, daß man einst ein hohes Phylonenthor zu passieren hatte, um Einlaß in das Memnonium zu gewinnen. Durch die geöffneten ehernen Pforten desselben war es dann gestattet den Riesenbau zu überschauen, in dem breite Stufenreihen von einer Terrasse auf die andere und endlich zu den Felsengemächern führten, deren Façade das von außen her sichtbare Menschenwerk abschloß, während die größer bildende Natur das Auge eiulud, zu dem herrlichen Halbrund hochragender Felsen hinter und über dem Tempel aufzuschauen.

Befrachtung der in das Punaland ausgesandten Schiffe der Hatschepsu.

Unzerstörbar sind die Unterbauten von wohlbehauenen Quadern, welche den Terrassenbau stützen, und Küustlerhände haben ihre Seitenflächen mit mächtigen Sperbern, den Vögeln des Horus, des Gottes der Auferstehung, würdig geschmückt.

Säulenhallen dienten jeder Terrasse zur Zier und boten den Processionen, welche hier zu rasten und Ceremonien vorzunehmen hatten, Schutz vor dem Brande der Sonne oder dem seltenen, aber, wenn er eintritt, heftigen Regen dieser Breiten.

An der Hinterwand der Plattformen, welche die erwähnten Treppen verbinden, sind die Bilder und Inschriften angebracht worden, welche die kühnste der Unternehmungen Hatschepsu’s im Gedächtnisse der Nachgeborenen lebendig zu erhalten bestimmt sind. Unser Straßburger Kollege und Freund Dümichen war es, der sie zuerst durch eine großartige Publikationsarbeit in die Wissenschaft einführte. Da sehen wir die Schiffe der Königin, wie sie ausfahren, wie sie befrachtet werden und mit voller Ladung die Heimfahrt antreten. An diesen höchst sorgfältig ausgeführten Bildern, welche uns jeden Theil der Takelage und Ausrüstung aufs Deutlichste und bis ins Kleinste vor Augen führen, hat sich zum Theil noch die Farbe erhalten, und die begleitenden Inschriften lehren, daß sie belastet worden sind „mit einer unerhörten Menge von Kostbarkeiten des Landes der Puna, allen edelen Holzarten des Heiligen Landes, Haufen von Weihrauchharzkörnern, grünen Weihrauch spendenden Nehabäumen,

Thiersorten des Rothen Meeres.
(Der el-bahri.)

Ebenholz, reinem Elfenbein, Gold aus dem Amu- (Semiten-)Lande, Theas und Chefi-t-Holz (Kassiarinde?), (mineralischen Ahemstücken, Weihrauch und Mestem (Spießgkas), Anau und Kefu-Affen, Thesemthieren (Windhunden), bunten Fellen der Panther des Südens, Eingeborenen und Kindern (als Sklaven).“ Außer den Pfauen hat diese Expedition Alles nach Aegypten gebracht, womit die Ophirfahrten Salomo's den Schatz des jüdischen Königshauses bereicherte.

Wie das Heer Alexander’s des Großen oder die französische Expedition unter dem General Bonaparte ist die Flotte der Hatschepsu von gelehrten Naturfreunden begleitet worden; denn unter den Bildern der Schiffe finden sich Borten, welche mit den gebrochenen Linien erfüllt sind, die unter den ägyptischen Begriffszeichen das Wasser bedeuten, und auf diesen Zickzackstreifen sieht man alle ins Auge fallenden Gattungen der Fische des Rothen Meeres abgebildet, und zwar in so charakteristischer Weise (wir zeigen dem Leser Proben derselben), daß es unseren Zoologen leicht gelingen konnte, jede einzelne Species wieder zu erkennen und sie zu bestimmen. Die geschuppten Bewohner des Rothen Meeres sind ihm sicher über 3000 Jahre lang treu geblieben, und die Gelehrten Hatschepsn’s haben sie so genau beobachtet, daß sie z. B. bei einer Scholle, deren Augen in der That verschiedene Größe zeigen, diesen anfallenden Umstand bemerkt und in ihrer Zeichnung wiedergegeben haben. – Sie sind auch bestrebt gewesen, neue Pflanzen in das Nilthal einzuführen, und so sehen wir sie grünende Nehabäume in großen Kübeln auf die Schiffe schleppen; später haben es auch die Botaniker Thutmosis’ III. nicht versäumt, Abbildungen von einigen der ihnen bekannten Blumen zu geben.

Daß dies merkwürdige Bauwerk ein Königsgrab, an welches sich ein Erinnerungsmal schloß, werden sollte, unterliegt keinem Zweifel. Ob aber Hatschepsu und Thutmosis II. hier in der That bestattet worden sind, wissen wir nicht. Jedenfalls haben sich weder von ihnen noch von ihrem Stiefbruder Thutmosis III. anderwärts Grüfte gefunden. Dem Letzteren scheint es durchaus nicht genehm gewesen zu sein, den eigenen Ruhm mit dem seiner Schwester vermischt zu sehen, und er ließ sich gewiß darum ein besonderes Memnonium errichten, welches gegenwärtig einen Theil des Erinnerungsmales von Medinet Habu bildet.

Transport eines Nehabaumes auf die Flotte der Hatschepsu.

Welchen Zwecken eine Säulenhalle gedient hat, die sich an die Nordseite der Terrassen der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 796. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_796.jpg&oldid=- (Version vom 24.12.2019)