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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)


durch Korallriffe verbundenen Inseln ließ sich nicht einmal ein geschickter Ankerplatz auffinden, mit dem wir jetzt schon zufrieden gewesen wären.

Weiter nach Osten bis zu Mitre Rock erging es uns nicht besser. Der Mitrafelsen gehört zu den wenigen nicht zu verkennenden Punkten an der ganzen Nordostküste von Neu-Guinea und bildet in der That eine der besten Landmarken an derselben. Ungefähr eine Seemeile von der Küste, dem Kap Ward Hunt, isolirt aus dem Meere aufsteigend, erhebt sich eine etwa 40 Fuß hohe, oben abgestumpfte Felssäule, aus hellfarbigem Gestein mit dunklerer Schattirung, die am Fuße durch die Brandung ausgewaschen, auf dem Scheitel mit grünem Buschwerk versehen weithin sichtbar ist, die einzige von der Natur errichtete Bake an dieser ganzen Küste. Die Wichtigkeit des Mitrafelsens wurde mir schon damals klar und hat seither ihre volle Würdigung gefunden, indem derselbe als Grenzmarke zwischen dem englischen und deutschen Schutzgebiet von den beiderseitigen Mächten Anerkennung fand. Die beigegebene Skizze, übrigens bei einer anderen Gelegenheit von Süd aus aufgenommen, veranschaulicht daher einen wichtigen Grenzpfeiler des Deutschen Reichs, von dem vielleicht die meisten Leser der „Gartenlaube“ noch nicht gehört haben dürften. Mit dem Mitrafelsen, fast genau auf dem 8.° südlicher Breite, wandten wir unsern Bug wieder westwärts, hart längs der Küste von Verräther- und Herkules-Bai. Erstere erhielt ihren Namen von Moresby deßhalb, weil er hier genöthigt war, auf die kampfesmuthigen Eingeborenen zu schießen. Wir wurden von ihnen nicht belästigt und sahen trotz wiederholten Besuches jenes Gebietes keine andere Spur von ihnen als die Reste zweier verlassenen Strandsiedelungen. Sie bestanden aus elenden, an 10 bis 30 Fuß langen, kaum mannshohen Dächern von Blättern der Nipapalme, aber vergebens suchten wir nach den Bewohnern, nicht einmal Fußspuren waren zu bemerken. Und doch gedenkt Moresby zehn Jahre früher zahlreicher Dörfer an jener Küste und benannte unter anderen eine Huk „Warsong-Point“ (Kriegsgesangspitze), weil hier die ganze Nacht über die wilden Gesäage der Eingeborenen vom Ufer herüberschallten. Jetzt war es still hier; ganz Herkules-Bai wie die Natur selbst schienen ausgestorben; einzelne Fregattvögel und Seeschwalben waren Alles, was wir erblickten.

Ahnenfiguren, Grab und Haus in Ssuam (Finsch-Hafen).

Die Ufer von Herkules-Bai sind niedriger Sandstrand, zumeist von einem dichten Gürtel zum Theil verkümmerter Casuarinen begrenzt, ein Baum, der durch seine dunkle Färbung und in seinem Habitus am meisten an unsere Nadelhölzer, zumal die Lärche, erinnert und den wir bisher nicht gesehen hatten. Das Vorkommen dieses Baumes läßt meist auf sumpfiges oder mindestens wasserreiches Land schließen und in der That münden an dieser Küste mehrere Flüsse, von denen einige erst durch die „Samoa“ entdeckt wurden. Unter diesen dürfte ein ziemlich ansehnlicher Fluß in Verräther-Bai, den ich Spree benannte, vielleicht einen brauchbarem Weg, wenigstens für Forschungs-Expeditionen ins Innere, abgeben. Im Uebrigen sind diese Flüsse, durch Barren versperrt, selbst für Boote unzugänglich. Offenbar ziehen sich dieselben im östlichen Theile von Herkules-Bai und in Verräther-Bai durch ausgedehntes Flachland mit fruchtbarem Boden.

Von den Luard-Inseln, in welchen von uns der Adolf-Hafen entdeckt wurde, zieht sich bis fast nach Parsee-Point, eine Strecke von eirka 60 Seemeilen, eine Reihe kleiner, dichtbewaldeter Felseninseln parallel mit der Küste hin, deren Aufzählung hier überflüssig erscheint. Die Küste selbst wird von einer etwa 2000 Fuß hohen Bergkette, dem Kupergebirge, gebildet, das meist steil zum Meere abfällt und wie fast alle Gebirge Neu-Guineas dicht mit Wald bedeckt ist. Diese Wälder ermüden durch ihr eintöniges dunkles Grün, machen übrigens von Weitem ganz den Eindruck von Wäldern bei uns, indem die Laubbäume an unsere Linden oder Buchen erinnern. Weiter nach Westen in der Tiefe von Huon-Golf, werden die Gebirge höher, aber es breitet sich ein ausgedehnteres Vorland aus, das an manchen Stellen tiefer ins Land einschneidend, fast eine Ebene bildet, die jedoch mit dichtem Urwalde bedeckt ist. An den Bergen zeigen sich „Kulturflecke“, wie ich jene weithin sichtbaren braunen oder grünen Flecke nennen möchte, welche sich dem Auge des Kundigen als Plantagen der Eingeborenen zu erkennen geben.

Von Letzteren hatten wir, außer wenigen Segelkanus bei Saddle-Island, die uns vergeblich einzuholen versuchten, nichts wahrgenommen und trafen erst bei Parsi-Huk (Parsee-Point) wieder mit solchen und zwar in größerer Anzahl zusammen. So benannte Moresby eine vorspringende Landzunge mit dichtbewaldeter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_193.jpg&oldid=- (Version vom 8.2.2024)