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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

der treffliche Künstler Alex. Cabanel für seine ergreifende Darstellung aus diesem Frauenleben gewählt hat? Es ist der Augenblick tiefsten Seelenschmerzes, denn eben war’s, als der Gemahl ihr ein Wort entgegenschleuderte, wie es für eine reine Frauenseele so hart, so tiefverletzend kein zweites giebt.

„Ist’s recht, ist’s billig, so mir zu begegnen?
Was that ich denn, daß ihm der kleinste Argwohn
Entstehen konnte dieser größten Schuld?“

so klagt die tief Gekränkte.

Gerecht und billig! O nein! Verleumdung war’s, die ihm das harte Wort entpreßt, Verleumdung auch, die ihn zum Mörder machte. –th.


Roland in der Schlacht zu Roncesvalles. (Mit Illustration S. 12 und 13.) Aus der Heldensage, die spätere Zeit um den Kriegszug Karl’s des Großen nach Spanien (777) gewoben, ragt die Gestalt Roland’s so mächtig hervor, daß sie ein Jahrtausend überlebt hat und noch den Dichtern und Künstlern unserer Tage stets anziehenden Stoff zu ihren Schöpfungen bietet. Olivant und Durendart, das Wunderhorn Roland’s und sein Wunderschwert, beschäftigen noch heute ebenso lebhaft die Phantasie der Jugend, die in die Sagen der Vorzeit eingeführt wird, wie sie einst das Staunen und die Verwunderung der Ritter und Frauen erregten, als das Chanson de Roland entstand und der „Pfaffe Konrad“ auf den Wunsch einer deutschen Fürstin daz Ruolandes Lied dichtete. Den Mittel- und Höhepunkt desselben bildet der Tod Roland’s in der Schlucht von Roncesvalles, in welcher die vom Kaiser Karl in Spanien zurückgelassenen Helden verrätherischer Weise von den Heiden überfallen und vernichtet wurden.

Wie das Lied berichtet, hatte Kaiser Karl das ganze feindliche Land bis auf Saragossa, den Thronsitz des Königs Marsilie, eingenommen. Dieser beschloß nun im Verein mit dem verrätherischen Stiefvater Roland’s, Genelun, sich scheinbar dem Kaiser zu unterwerfen, um dann die zurückbleibende Nachhut des Heeres zu vernichten. Die List gelang, trotz warnender Träume nahm Karl die Unterwerfung Marsilie’s an und ließ Roland, den er mit halb Spanien belehnte, in dem eroberten Lande zurück. Kaum war jedoch der Kaiser mit dem Hauptheer abgezogen, als Marsilie Roland und seine Getreuen in dem Thale Roncesvalles überfiel und die Helden nach tapferer Gegenwehr tödtete. Im Augenblick der höchsten Gefahr ergriff Roland sein Wunderhorn, den „guoten Olivanten“, das ihm einst die Engel gebracht hatten, und blies auf demselben, um Kaiser Karl von der Gefahr in Kenntniß zu setzen. Dieser hörte wirklich den Nothruf und eilte den Bedrängten zu Hilfe, erschien aber zu spät auf dem Schlachtfelde und konnte nur den Tod seiner Helden rächen.


Das Zippelhaus in Hamburg. Die Reisenden, welche unserer größten deutschen Seehandelsstadt einen Besuch abstatten und von Hannover aus dieselbe erreichen, erblicken einige Meilen vor den Thoren in dem Dorfe Bardowik die Thürme eines Domes. Sie zeugen von der „verschwundenen Pracht“ der einstigen Hansestadt, die Heinrich der Löwe 1189 bis auf jenen Dom zerstören ließ. Bardowik erholte sich von jenem Schlage nicht wieder. Die großen Granitquadern der Stadttrümmer verkauften die Bardowiker an das aufblühende Hamburg, das derselben bedurfte, um damit seine Molen längs der Norderelbe aufzuführen. Sie erhielten dafür 300 Mark Silber und ein Haus in der Nähe der Katharinen-Kirche, in dem niedrigsten, schon bei der geringsten Sturmfluth überschwemmten Stadttheil. Dieses Haus sollte ihnen auf „ewige“ Zeit gegen eine mäßige Miethe überlassen und von der Stadt erhalten werden. Noch heute ist das unschöne scheunenartige Gebäude in der belebten Handelsgegend der Stadt erhalten. Die „ewige“ Zeit ist jedoch bald vorüber. Auch diese letzte Erinnerung an Bardowik in Hamburg wird ein Opfer der großartigen Veränderungen, welche zum Zwecke des bis 1888 zu vollziehenden Zollanschlusses nothwendig sind. Fr.


Eine dramatisirte Tagesfrage. Die „Aktualität“ scheint von den Tages-, Wochen- und Monatsschriften bereits in das Gebiet der schönen Künste hinüberzugreifen, und bei der Wahl eines Stoffes für ein Gemälde, ein Drama, eine Skulptur wird künftig wahrscheinlich die Frage der Aktualität die des künstlerischen Prinzipes zurückdrängen. So berichtet man jetzt von einem kolonialpolitischen Drama, dessen Schauplatz zum Theil Angra Pequena, zum Theil Kamerun ist. Auch von einer melodienreichen Musik dazu weiß man zu erzählen, doch erfährt man nicht, ob sie dem Volksmelodienschatze der westafrikanischen Neger entnommen oder der zur Zeit tonangebenden europäischen Kunstrichtung folgt. Eine Hauptperson dieser dramatisirten Tagesfrage ist der König Brisso-Bell, und wir empfehlen dem betreffenden Schauspieler, der diese Rolle „kreirt“, eine „Maske“ zu machen, wie sie unsere Abbildung jenes Königs in Nummer 37 vorigen Jahres darbietet. Jedenfalls sehr geschmackvoll und sehr zeitgemäß!

–r.

Ein „Kindergarten“-Jubiläum. Ein Monatsblatt, das seit 1860 treu der Kindergartensache dient, hat soeben seinen fünfundzwanzigsten Jahrgang vollendet. Es ist die Zeitschrift „Kindergarten, Bewahranstalt und Elementarklasse“, Organ des „Allgemeinen Fröbel-Vereins“ (Sitz: Thüringen) und des „Deutschen Fröbel-Verbandes“. Gegründet wurde dieselbe von A. Köhler in Gotha, Fr. Schmidt und Fr. Seidel in Weimar. Letzterer, als der die Andern Ueberlebende, führt die Redaktion noch heute. Die bedeutendsten Vertreter der Fröbel’schen Erziehungsideen zählten und zählen zu den Mitarbeitern am „Kindergarten“. Der Verlag der Zeitschrift, in den ersten zwanzig Jahren von H. Böhlau in Weimar besorgt, ging seitdem in die Hand von A. Pichler’s Wittwe und Sohn in Wien über. Wir wünschen dem Blatte ein ferneres frohes Gedeihen! Im Schmucke des Silberkranzes wirke es menschen- und kinderfreundlich weiter – zunächst bis zum goldenen Jubiläum!


Allerlei Kurzweil.

Jahres-Ring.



Illustrirtes Vexir-Räthsel.

Der Lanze Schaft, wie Ihr erkennt,
Ein Herz hier in zwei Theile trennt.
Die – nennt es Zufall, Schicksalswalten –
Sich beide ganz genau verhalten
Wie zwei zu vier, wenn recht man mißt.
Nun sagt, ob das nicht scherzhaft ist?



Der Stickrahmen.

Wer stickte die obere und wer die untere Guirlande?


Kleiner Briefkasten.

P. B. in Paris. Die „Gartenlaube“ können Sie unmittelbar nach dem Jahresabschluß binden lassen. Der von Ihnen befürchtete Uebelstand, daß beim Einbinden der Druck der einen Seite auf die gegenüberliegende Seite übertragen wird, ist uns noch nicht vorgekommen, obwohl wir stets eine große Zahl unsrer Jahrgänge unmittelbar nach Jahresschluß binden lassen.

C. G. in Düsseldorf. Auch wir sind der Meinung, daß die von Ihnen erwähnten kosmetischen Mittel keine Schwindelprodukte sind. Ueber das betreffende Institut selbst können wir Ihnen jedoch hier eine bestimmte Antwort nicht ertheilen. Ihre Adresse ist unleserlich.

J. H. in Neugradiska. Garrick war Engländer, geb. am 20. Febr. 1716 zu Hereford.

Frau Gutsbesitzer A. in L. Wenden Sie sich an den nächsten Bezirksfeldwebel. Da Sie Ihre Adresse nicht angeben, so können wir Ihnen nähere Auskunft nicht ertheilen. Im Briefkasten fehlt uns der Raum dazu.

J. G. in N. Nein, wir können das von Ihnen genannte Buch nicht empfehlen.

F. Kr. in F. 162. H. London, St. J.: Nicht geeignet.


Inhalt: [ zu diesem Heft, hier nicht transkribiert. ]


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 020. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_020.jpg&oldid=- (Version vom 10.2.2023)