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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

mitgebracht, für die er den Rest seiner Waaren eintauschte, als er gezwungen war nach Europa heimzukehren, und in demselben Sudan machte sich der Sultan von Keffi Rohlfs gegenüber anheischig, ihm binnen weniger Wochen 50 Centner der größten Elefantenzähne zu beschaffen, während Dr. Hutchinson, ein Mitglied der Baikie’schen Expedition, in Gandiko am Benuë an einem gewöhnlichen Markttage 620 Pfund Elefantenzähne kaufen konnte. Gerhard Rohlfs erzählt in seinem Werke „Quer durch Afrika“ eine Episode, die uns einen Einblick in die Einzelheiten des Elfenbeinhandels gestattet und aus der wir Folgendes hervorheben möchten.

Elfenbeinkaravane in Adamaua.

Nachdem Rohlfs bis nach Keffi gekommen war, beschloß er in einem Canoe den Benuë hinabzufahren, und wollte seine drei Pferde bestmöglich verkaufen.

„Das war aber,“ erzählt er, „keine leichte, jedenfalls keine rasch zu erledigende Aufgabe. Geduldig mußte ich von Tag zu Tag auf ein annehmbares Gebot harren, um schließlich doch nicht mehr als 190 000 Muscheln (38 Thaler) für alle drei zu erzielen. Jetzt fragte es sich wieder: was mit den Muscheln anfangen? Da Keffi auch ein bedeutender Markt für Elfenbein ist, das von den Gegenden am Benuë in Masse hierher gebracht wird, kam ich auf die Idee, dieses überall verwerthbare Produkt gegen dieselben einzutauschen. Das lästige und zeitraubende Feilschen ging also von neuem los, und es dauerte wieder mehrere Tage, bis der Handel abgeschlossen war. Für 220 000 Muscheln (44 Thaler) erstand ich zwei Elefantenzähne von je 4 Ellen Länge und zusammen 140 Pfund Gewicht. Ein Händler würde 30, höchstens 35 Thaler dafür bezahlt haben, und in Europa wären sie, zum durchschnittlichen Marktpreise von 150 Thalern pro Centner gerechnet, 210 Thaler werth gewesen. Ich verkaufte sie später in Lokoja um 30 Pfund Sterl. (200 Thaler). Fünf kleine Zähne wurden mir für nur 60 000 Muscheln zugeschlagen.“

Entsprechend dem Werth der Waare, die sie mit sich führen, sind die Elfenbeinhändler die angesehensten Kaufleute im westlichen Sudan und oft so mächtig an Einfluß wie die Sklavenhändler in Ostafrika. Sie sind selbstverständlich geborene Feinde der europäischen Reisenden, und welche Schwierigkeiten sie Ed. Robert Flegel auf seinen Reisen in Haussa und Adamaua zu bereiten wußten, davon hat derselbe im vorigen Jahre (Nr. 43) selbst unsern Lesern berichtet. Dort sind auch die Verdienste der beiden Elfenbeinhändler gewürdigt, die jetzt in Berlin verweilen und denen die Afrikanische Gesellschaft den Dank für ihre Treue und Redlichkeit ausgesprochen hat. Eine Elfenbeinkaravane aus jenem Lande stellen auch unsere Illustrationen dar, die nach Angaben des genannten verdienstvollen Afrikaforschers für unser Blatt gezeichnet wurden. Der beim Sonnenaufgang betende Karavanenführer erinnert lebhaft an orientalische Bilder, und das darf uns nicht verwundern, denn im Sudan hat sich mit dem Vordringen des mohammedanischen Glaubens eine Art orientalischer Kultur eingebürgert, und in den Schilderungen, die uns von dort gegeben werden, finden wir viele Anklänge an Sitten und Gebräuche, deren Kenntniß uns längst geläufig ist.

Lebhaft wird der Elfenbeinhandel auch an der äquatorialen Westküste von Afrika betrieben, in deren Häfen und Flußmündungen die Eingeborenen mit der theuren Waare erscheinen. Hier, namentlich in Gabun, gilt ein gewisses Gewicht von Elfenbein als Wertheinheit, und man bezahlt die Zähne mit einer Kollektion europäischer Waaren, die das „Elfenbeinbündel“ genannt wird. Wie viel Steinschloßflinten, Pulverfässer, Messer, Stücke Zeug etc. in einem solchen Elfenbeinbündel enthalten sind, davon berichtete Hübbe-Schleiden ausführlich in seinem klassischen Werke „Aethiopien“. Dort ist auch die Summe an Zeit und Geduld angeführt, die dazu nöthig ist, einen einzigen Elefantenzahn von den listigen Negern einzuhandeln. Es ist nur allzuwahr, daß hier der Kaufmann nicht auf Rosen gebettet ist. Ueberall in Afrika finden die Worte Anwendung, die Flegel aus Ngaundere nach Europa schrieb: „Von meiner schwarzen Geliebten gilt dasselbe, was Mephisto vom blonden Gretchen sagt, Afrika läßt sich nicht im Sturm entschleiern, nur mit Geduld kommt man hier weiter.“

Die Blüthe des Elfenbeinhandels wird jedoch mit der Zeit schwinden, denn Hand in Hand mit dem wachsenden Export dieser Waare geht die Ausrottung der Elefanten, die sich bekanntlich sehr langsam vermehren und zu ihrem Wachsthum viel Zeit brauchen.

Das Erlöschen der Elefantengattung auf unserm Erdball wird beschleunigt durch die wilde Grausamkeit, mit welcher die Eingeborenen Innerafrikas diese Jagd betreiben. Die muthigsten und verwegensten unter den Elefantentödtern sind die Schwertjäger, die noch heute dasselbe Mittel benutzen, welches schon Strabo im Alterthum erwähnte, da er die „Elephantophagen“ schilderte, die den Dickhäutern die Achillessehne (an der Ferse) mit dem Schwerte zerhauen und die hierdurch gelähmten Thiere leicht in ihre Gewalt bekommen. Die Schwertjäger greifen mit seltener Tollkühnheit die Elefanten in offenem Felde an, und indem die einen das Thier von vorne bedrohen, fallen ihm die anderen in den Rücken, um den verhängnißvollen Schwertstreich zu führen.

Im Nilgebiete werden auf dem Wechsel der Heerden künstlich verdeckte Gruben gelegt, in welche die schweren Kolosse einbrechen.

Im Westen von Afrika überfallen die Neger in großen Massen die in künstliche Einzäunungen getriebenen Elefanten und schleudern gegen ein erwähltes Opfer Hunderte von Lanzen, bis dieses unter zahllosen Wunden zusammenbricht.

Die grausamste Art des Jagens ist jedoch die von den Niamniam ersonnene.

Sie schonen vor dem vernichtenden Feuer einige mit vier bis fünf Meter hohem Grase bewachsene Stellen der Steppe und treiben die Elefanten in das ihnen anscheinend sichern Schutz bietende Grasdickicht, das nunmehr in Brand gesteckt wird. Vergebens suchen die Thiere aus dem Flammenmeer zu fliehen. Eine Kette von zahllosen Jägern wehrt ihnen mit Feuerbränden und Lanzen den Durchbruch, und allmählich fallen die edlen Thiere unter der sengenden Gluth der Flammen oder den Lanzenstichen der Neger.

Das ist das Vorspiel des Elfenbeinhandels.

Es ist traurig, aber wahr: der Mensch hat die stolzen Thierkolosse des afrikanischen Urwaldes auf den Aussterbe-Etat gesetzt. An eine etwaige Elefantenzucht ist nicht zu denken, und so wird früher oder später die Zeit eintreten, in der das Elfenbein zu einer paläontologischen Seltenheit werden wird, ähnlich dem fossilen oder blauen Elfenbein, das namentlich in Sibirien gesammelt wird und aus den Stoßzähnen der vorsintfluthlichen Elefantenarten, des Mammuths und des Mastodons, besteht. Dieses gegrabene Elfenbein ist jedoch von geringem Werth, da der größte Theil dieser Zähne schlecht und unbrauchbar ist; auf die Entwickelung des Elfenbeinhandels wird es schwerlich jemals einen besonderen Einfluß ausüben.

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Eine längere Lebensdauer kann ohne Zweifel dem Handel mit Palmöl vorhergesagt werden, da dasselbe das Produkt einer wenn auch primitiven Kultur bildet. Es gehört gleichfalls zu den vielbegehrten Handelsartikeln und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 016. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_016.jpg&oldid=- (Version vom 13.3.2024)