Seite:Die Gartenlaube (1882) 112.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Figur die Hände gereicht, durch die Grazie, mit der sie schwierige Verschlingungen durchführten, Bewunderung erregten.

Noch vor dieser Gesammtleistung hatte, da die Sonne von Wolken bedeckt blieb, die Schaustellung der berufsmäßigen Eiskünstler stattgefunden, zu welcher sich der bekannte Amerikaner Callie Curtis und Edwin Paulson aus Christiania (Letzterer als erstes Debut) gemeldet hatten. Bei der strengsten Unparteilichkeit, welcher ich mich schon als Preisrichter befleißigen mußte, kann ich die Erklärung nicht unterdrücken, daß diese Leistungen weit unter denen der Nichtberufskünstler standen, wobei das schlechte Eis einen Theil der Schuld tragen mag, da es für Kraftstücke am ungünstigsten war. Uebrigens gestand Curtis, dessen Leistungen wir vor vier Jahren hier bewundert, daß seit damals außerordentliche Fortschritte gemacht worden und daß er selbst sich nicht zutraue, allen Anforderungen des geleisteten Schullaufens zu genügen.

Das Schauspiel hatte so lange gedauert, daß die Preisvertheilung, obgleich die Preisrichter rasch einig waren, beim Scheine des elektrischen Lichtes abgehalten wurde, wobei die Gaben am Eisplatze selbst auf einem der Thürme durch die beste Kunstläuferin Wiens, das jugendliche Fräulein Tischler, ausgehändigt wurden und die noch zahlreichen Zuschauer ihren Beifall über die Gerechtigkeit des Wahrspruches zu erkennen gaben. Die Preise fielen folgendermaßen aus: Erster Preis Leopold Frey aus Wien. Zweiter Preis Eduard Engelmann aus Wien. Dritter Preis Axel Paulson aus Christiania. Vierter Preis Anton Tuschl aus Wien. Fünfter Preis Franz Biberhofer aus Wien. Schulpreis Ed. Engelmann. Specialfigur A. Paulson. Vier Minuten Figurenlaufen L. Frey. Berufskünstler: Erster Preis Callie Curtis aus New-York. Zweiter Preis Edwin Paulson aus Christiania.

Allen Hoffnungen zum Trotz hatte sich das Wetter über Nacht nicht gebessert; das Aufthauen hatte weitere Fortschritte gemacht, und die Eisdecke war noch schwächer und weicher geworden. Es kostete im Preisrichtercollegium einen dreistündigen Kampf, bis die entschlossenere Richtung die Abhaltung des Rennens durchsetzte, welches denn auch Sonntag Nachmittags, unter weit stärkerer Betheiligung des Publicums stattfand. Wegen der Schwäche des Eises am Ufer mußte die ellipseförmige Rennbahn enger gestellt und die Bahn zur Zurücklegung des internationalen Flachrennens auf eine Distanz von 1600 Metern zwölfmal umfahren werden. Hier trugen die Norweger den Sieg davon, wobei indessen zu berücksichtigen ist, daß sie ihre Kunstlaufschlittschuhe mit stark gekrümmter Curve mit friesischen Schlittschuhen mit langer Tangente vertauscht hatten, während die Wiener Concurrenten trotz aller Warnungen ihre gecurvten Figurenschlittschuhe beibehielten, die in’s Eis einschnitten, während jene darüber hinwegglitten.

Theodor Langer.

Diamantidis-Stern.
Vier Arten.

Anton Tuschl.

Verkehrte Wechselwendung, auf einem Fuße fortgesetzt.

Franz Biberhofer.

Dreier-Schlinge, Dreier und Wechselwendung.

Eduard Engelmann.

Dreier-Drehung auf der Fußspitze.

Heinrich Jockel.

Dreier-Schlinge, Dreier- und gekreuzte vierfache Rebe auf vier Arten.

Leopold Frey.

Mond, Vexir-Achter und Haynes’ Pirouette in tiefer Kniebeuge.

Ernst von Stein.

Schlingenstern. Vier Arten.

Specialfiguren, ausgeführt bei dem „Internationalen Eislaufen in Wien“ am 21. Januar 1882.


Das internationale Flachrennen gewährte daher einen überaus interessanten Anblick. Nach gegebenem Zeichen schoß Aune aus Drontheim wie ein Pfeil voraus, die erste Wendung mit Uebertreten nehmend, während sein Landsmann Axel Paulson in bedächtigen Zügen nachfolgte. Bald spielte der Kampf nur zwischen diesen Beiden, während die übrigen fünf Concurrenten immer mehr zurückblieben. Die Bahn war noch nicht das zweite Mal umkreist, als Aune der Athem ausging, während Axel Paulson mit jeder Wendung seine Schnelligkeit vermehrte, ihn überholte und in langen Zügen, vorwärts gebeugt, einen so bedeutenden Vorsprung gewann, daß er die letzten Concurrenten wieder erreichte und dieselben um eine ganze Bahnlänge schlug, während Aune als Zweiter um drei Viertel der Bahn zurückblieb. Dritter war der taubstumme Werner aus Christiania. Während Aune im Gehrock lief, hatte Paulson eine gestrickte Wollweste angelegt.

Das zweite Flachrennen für Inländer wurde von Leopold Frey leicht gewonnen. Als Zweiter zeichnete sich der Wiener Richard Kreuter aus. Am dritten Rennen nahmen die zwei Berufskünstler Theil, wobei der Amerikaner Curtis von Edwin Paulson, obgleich Letzterer einmal stürzte, glänzend geschlagen wurde. Karl Reinhart aus Tegernsee war Zweiter. Da schon beim letzten Rennen sogar ein Preisrichter in’s Eis eingebrochen war, so mußte das Rennen mit Hindernissen aufgegeben werden, und auch das glänzende Costümfest, welches vorbereitet war, unterbleiben.

Vom Fachstandpunkt aus war das internationale Fest als ein glänzendes zu bezeichnen; denn trotz des weichen Eises hatte Axel Paulson die englische Meile in drei Minuten fünfunddreißig Secunden zurückgelegt, was der bisher höchsten Leistung in England von drei Minuten bei gerader Bahn und glattem Eise sehr nahe kommt und sie unter Berücksichtigung der Umstände überragt. Im Figurenrennen hatten namentlich die Wiener Sieger alle Erwartungen übertroffen, was besonders die fremden Preisrichter, ein Holländer, zwei Engländer und ein Franzose, bezeugten.

Bei dem im Hôtel Metropole abgehaltenen Schlußbankette, welches zu einem wahren internationalen Verbrüderungsfeste sich gestaltete, erklärte der Preisrichter Russel Shaw aus London, daß er niemals in England so viele ausgezeichnete Eiskünstler in einer Stadt gesehen, wie die Wiener Eisläufer, und der amerikanische Berufskünstler Curtis betheuerte, daß er auf dem ganzen Continent keine so vorzüglichen Figurenläufer angetroffen. Der Preisrichter Herr Edward Smithson sagte in einem Danksagungsschreiben an

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_112.jpg&oldid=- (Version vom 1.7.2023)