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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

mehr aus, da namentlich der Packereiverkehr in Folge der Einführung des ermäßigten Einheitsportos für Pakete – vom 1. Januar 1874 an – sich ganz erheblich steigerte und zwar vornehmlich auch dadurch, daß die Post in erhöhtem Maße zur Versendung der sogenannten „Buchhändlerpakete“ benutzt wurde.

Im Jahre 1877 betrug die Zahl der in Leipzig eingegangenen und für den Ort bestimmten Paketsendungen mit und ohne Werthangabe 925,685 Stück, mithin täglich durchschnittlich 2536 Stück. Es mußten daher im Interesse des Publicums weitere Einrichtungen getroffen werden, und um dem gesteigerten Verkehre volle Rechnung zu tragen, wurde der Bau eines zweiten großen Postgebäudes beschlossen und ausgeführt. Am 16. October 1880 wurde das „Kaiserliche Paket- und Zeitungspostamt“, mit dem wir uns heute beschäftigen wollen, dem öffentlichen Verkehre übergeben.

Es ist ein stattliches, im Renaissancestil ausgeführtes Gebäude, welches wir an der Spitze dieses Artikels in kleinem Bilde wiedergeben, und dessen Front sich gegen die Hospitalstraße richtet, während der östliche Flügel an die Stephan-Straße angrenzt.

Das kaiserliche Paket- und Zeitungspostamt in Leipzig: Der Verleseraum.
Für die „Gartenlaube“ aufgenommen von H. Heubner.

Die Ausführung des Plans wurde vom Postbaurathe Zopf geleitet. Der langgestreckte Mittelbau, aus Parterre und einer Etage bestehend, wird an beiden Seiten durch Pavillons abgeschlossen. Die beiden Seitenflügel des Hauptgebäudes enthalten im zweiten Stocke Dienstwohnungen. Zwischen dem Hauptgebäude und den Pavillons befinden sich die Einfahrten in den großen Hof, dessen Rückseite durch das große Posthaltereigebäude begrenzt wird.

Dem Paketpostamte werden sämmtliche für Leipzig und seine Vororte eingehende Pakete zum Zwecke der Zustellung an die Empfänger in Leipzig, beziehentlich zur Vertheilung an die Zweigpostanstalten zugeführt.

Treten wir nun durch das geschmackvolle Mittelportal in die Parterreräume, die speciell dem Packereiverkehr dienen, ein, und thun wir einen Blick in den Organismus, mittelst dessen dieses Postamt seine große Aufgabe löst! Denn eine gewaltige Aufgabe muß es genannt werden, jährlich weit über eine Million Pakete in gewissenhaftester Weise den Empfängern zuzustellen. Daß, um dieser Aufgabe gerecht zu werden, die strengste Ordnung herrschen, die zweckmäßigste Einrichtung getroffen und tüchtig gearbeitet werden muß, versteht sich von selbst.

Wir begeben uns zunächst durch den Niederlagsraum für die von den Empfängern abzuholenden Pakete in die nach dem Hofe gelegenen Räume. Hier ist die Paket-Abnahmehalle, und eben fahren von der Bahn kommende Postwagen am Perron vor. Die Pakete werden sofort ausgeladen und in das Paketeingangsverzeichniß nach Aufgabe-Nummer und Aufgabe-Ort eingetragen, wobei zugleich die nach den Vororten Leipzigs – nach Lindenau, Connewitz, Gohlis etc. – bestimmten Pakete abgesondert werden. In großen Korbwagen werden hierauf die Güter in den „Verleseraum“ gefahren und dieser ist es, welchen uns unser untenstehendes Bild vorführt.

Es fällt uns auf, daß wir keine Begleitadressen sehen. Dieselben werden aber von der deutschen Reichspost als Briefsendungen befördert und sind in besonderen Briefbeuteln oder Briefpaketen – den sogenannten „Kartenschlüssen“ – bereits früher eingegangen, dann durch einen Beamten in Betreff des Portos oder der verrechneten Francos geprüft oder – technisch gesprochen – „entkartet“ worden. Wohlgeordnet und auf der Rückseite mit der Nummer des Bestellreviers, in dem der Empfänger wohnt, versehen, harren nun diese Begleitadressen hier im Verleseraum der ankommenden Pakete.

Jetzt beginnt das Verlesen, in Folge dessen Pakete und Adressen den bestimmten Revieren überwiesen werben, da aber eine große Anzahl Geschäftsleute die für sie bestimmten Güter selbst abholen läßt, so werden diese Pakete – über ein Drittel des Eingangs – gleich hier in dem Verleseraum von den andern gesondert und in einem hierzu bestimmten Raume – der Paketausgabe – untergebracht. Die übrigen Pakete werden nun in Korbwagen, welche die Nummer der verschiedenen Reviere tragen, in den rechts an den Verleseraum anstoßenden Niederlagsraum für die zu bestellenden Pakete gefahren.

Es ist dies ein großer achtzig Schritt langer Raum, der durch mächtige Regale in zwanzig Abtheilungen oder Reviere getheilt ist, welche den zwanzig Postbestellbezirken, in welche Leipzig eingetheilt ist, entsprechen. In diese Reviere werden nun die Pakete vertheilt und in den Regalen genau nach der Nummernfolge geordnet niedergelegt, während für die Werthpakete eine besondere

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_412.jpg&oldid=- (Version vom 26.6.2022)