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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

ließen sich die Vertreter anderer Nationen vernehmen; die Königin wußte jeden der erhitzten Kämpen durch ein eigenhändiges Begütigungsschreiben wieder zufriedenzustellen.

Dies war für Mirabeau eine erwünschte Gelegenheit, den Gesandten der Tactlosigkeit zu beschuldigen und als unmöglich zu erklären. „Ich,“ meinte er dann, „ich hätte einfach nach dem Tisch der Königin gesehen und gesagt: ‚Ich sehe, daß wir hier durcheinander sitzen, und daß Loos konnte nur nicht günstiger fallen.‘ Mit dem letzteren nämlich,“ so erläuterte er des Weitern, „konnte man zugleich ein Compliment für die Prinzessin verbinden.“

Leider blieb dies wie früher wirkungslos, und nicht besser ging es mit anderen Plänen. Er anerbietet sich, das russische Reich in einer Verkleidung zu durchforschen. Man geht nicht darauf ein. – Dann bittet er um eine diplomatische Stellung in Baiern und wird abschlägig beschieden. – Später wünscht er von Hamburg aus den Norden zu beobachten. Auch dieses erhält er nicht. – Mit Berufung auf sein Verhältniß zum Herzoge sucht er um eine Beglaubigung in Braunschweig nach. wird wieder abgewiesen. Ebensowenig kann er eine Stellung in Kurland erhalten. – Da anerbietet sich der holländische Gesandte in Paris, seine Verwendung bei den Verhandlungen mit der Prinzessin von Oranien zu erwirken. Das Ministerium will nichts von der Candidatur Mirabeau’s wissen. – Auf’s Aeußerste gebracht rief der Graf endlich seinen Auftraggebern zu: „Das sind schlechte Menschenkenner, die mich zu einem Neuigkeitskrämer machen möchten, und noch schlechtere die, die glauben, daß ich mich hiezu brauchen lassen werde!“

Um diese Zeit begann in Frankreich das Gewitter loszubrechen, das bei seiner Abreise in schweren schwarzen Wolken aufgezogen war. Der König sah sich zur Einberufung der Ständeversammlung gezwungen. Hier eröffnete sich dem Grafen ein neuere Wirkungskreis.

Als er auf nochmalige Anfrage bei Gelegenheit der Abreise Esternon’s die alte Antwort erhalten hatte, verließ er nach einjährigem Aufenthalte Berlin und Deutschland. Einige Zeit später wurde er von dem Volke seines Wahlkreises jubelnd gewählt und auf seiner Reise nach Paris mit Triumphbögen und Ehrenfesten gefeiert. Er hatte sich zuerst seinen Standesgenossen als Vertreter angeboten, war aber nicht nur verworfen, sondern auf Grund eines Formfehlers in schmählichster Weise von ihren Berathungen ausgeschlossen worden.

Durch Mangel gezwungen, hatte er die Berichte, die er dem Ministerium zuschickte, einem Buchhändler verkauft, und sie erschienen unter dem Titel: Correspondance secrète sur la cour de Berlin. – Das Werk erregte großes Aufsehen; noch nie waren die Schwächen eines Hofes mit solcher Offenheit enthüllt worden, es gereichte aber nicht weniger dem französischen Minister zur Unehre, daß er in dieser Weise eine Spionage ausüben ließ. Auf Reclamation Preußens wurde das Buch durch Henkershand verbrannt. Es war anonym erschienen und Mirabeau fand für gut, seine Vaterschaft abzuleugnen. Rettete dies ihn aber vor den Gerichten, so rettete es ihn doch nicht vor der öffentlichen Meinung, die sich nicht beirren ließ. Es wurde auch bald nach seinem Tode unter die gesammelten Werke des Grafen aufgenommen.

Das war also nicht jener Sendlinge, wie sie zu Hunderten an allen Höfen zu finden waren und wohl noch zu finden sind. Doch wird sich wohl kein Zweiter von solcher geistigen Bedeutung unter ihnen finden, und noch weniger wird ein Zweiter durch so großartige spätere Leistungen die Schmach der Vergangenheit vergessen machen. Denn Mirabeau’s That ist und bleibt es, den in bürgerlicher Gewohnheit dem Glanz der Krone gegenüber noch befangenen Männern des dritten Standes der Nationalversammlung durch seinen Widerstand gegen den königlichen Auflösungsbefehl, durch sein kühnes Wort: „Wir sitzen hier im Namen des französischen Volks und weichen nur der Gewalt der Bajonnete!“ den Muth der Revolution erst eingehaucht und dadurch der neuen Zeit zum Aufleben verholfen zu haben.

Ingo Ettmüller.


Ein deutscher Gruß von Australien her.

Im Sommer dieses Jahres lief die Nachricht durch die Zeitungen, daß den verdienstvollen deutschen Arzt Dr. J. F. Berini zu Brisbane in der australischen Colonie Queensland der schwere Unfall betroffen habe, daß er und seine Gattin, an einem heißen Märzabend in ihrem Garten sitzend, von ihrem großen Haushund plötzlich angefallen und mit vielen Bissen verwundet worden seien. Kurze Zeit vorher hatte Herr Berini uns durch Einsendung eines Briefs erfreut, aus welchem das Nachstehende gewiß auch die Theilnahme unserer Leser zu fesseln geeignet sein wird.

Unter der Datumangabe, 28. Januar 1868, heißt es: „Hoher Antipodal-Sommer, Thermometer heute im Schatten hundertunddreizehn Grad Fahrenheit, Sonne hundertneunundfünfzig Grad, gehirnausdorrende Hitze.“ Der Brief lautet dann:

„Verehrter Herr Keil!

Ihnen und der ganzen Gartenlaube den herzlichsten Glückwunsch! Herr Professor Dr. Bock war so freundlich, mir unter Anderm mitzutheilen, daß es Sie freuen würde, von mir Einsendungen über meine seither in fremden Ländern gesammelten Erfahrungen zu erhalten. Ich bin gern bereit, obschon nicht Schriftsteller von Profession, Ihnen mit meinen schwachen Kräften zu dienen, jedoch bitte ich um Geduld und Nachsicht. Material ist genug vorhanden, nur muß es vorher geordnet und genießbar gemacht werden, ehe es geeignet ist, seinen Weg in die Oeffentlichkeit durch die Vermittelung eines so weitverbreiteten Blattes, wie die Gartenlaube, zu nehmen. Ich verweile ja selbst so gern im Schatten derselben und halte es schon deshalb für eine Pflicht, ein neues bescheidenes Pflänzchen zu ihrer Vermehrung dort einzustecken. Für jetzt, lieber Herr Keil, wollen Sie mich durch die Beilage, beziehungsweise einen gelungenen Holzschnitt derselben in Ihr ausgedehntes Blatt, dessen Lesern vorstellen, vorausgesetzt, daß Sie es der Mühe werth halten, einen Mann dort einzuführen, welchem es seither weniger darum zu thun war, Lorbeeren in der Oeffentlichkeit zu suchen, als vielmehr möglichst ungekannt in seiner Eigenschaft als Naturforscher, zunächst im Reiche der Fauna und Flora Australiens, seinen eifrigen Studien obzuliegen.

Wenn sich Ihre freundlichen Leser die Mühe nehmen wollen, mich in den unwirthlichen und unwegsamen, aber nichts destoweniger schönen Urwald Australiens zu begleiten, so sollen sie reichlich entschädigt werden für ihre Mühe, denn ich will sie führen an Stellen, wo das staunende Auge an der Pracht und Majestät der ewig schaffenden Natur kaum sich satt sehen kann. Weil ich aber gedenke, einen gar weiten Gang mit ihnen zu thun, der sie am Ende doch allzu sehr anstrengen dürfte, so werde ich sie zur Erholung von den mannigfachen Mühen und Strapazen an der Hand geleiten zu einem gar traulichen Punkte am Ocean. Daher sei Ihnen, werthester Herr Keil, für die Gartenlaube mit meinem nächsten Briefe versprochen: ‚Ein Stück australischer Urwald‘, und ‚Ein lauschiges Plätzchen am stillen Meere.‘ Wenn auch diese Abhandlungen nur schwache Streiflichter in die großartige Werkstätte der Natur erzeugen werden, so möchten sie doch Manches ziemlich klar enthüllen, was bis jetzt in diesem noch so wenig erforschten Lande dem Auge tief verborgen lag. Es ist schwer, hier die Natur zu belauschen, hier ihr abzuringen, was sie seit so vielen Jahren vor den Menschen geheim gehalten, denn es ist wahrlich kein Spaziergang, in Australiens Busche sich näher umzusehen und einzudringen in seine mit jedem Jahre mehr sich entfaltende Schönheit und Größe. Daß die letzte Expedition zum Zwecke der Constatirung des Schicksals Ihres verdienstvollen Landsmannes Leichhardt auch wieder gänzlich fehlschlug, werden Sie bereits durch englische Blätter wissen, und ich glaube, daß Sie gewiß auch meine Ansicht theilen, er werde gleich Burke und Wills sein Ende gefunden haben und in Queenslands Erde den Schlaf der Ehre und des in größter Uneigennützigkeit errungenen Ruhms schlafen.

Alle Skizzen, die ich Ihnen seiner Zeit übermachen werde, basiren sich durchweg auf Selbstgesehenes und Selbsterlebtes, und

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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 699. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_699.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)