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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

das (nicht der) Liebigsche Fleischextract

ein, weil dies der am schnellsten den Stoffwechsel anregende und fördernde, sowie der am leichtesten verdauliche, auch dem schwächlichsten und kränksten Magen zusagende Nahrungsstoff ist. Denn es ist dieses Extract ja auch nichts Anderes als Fleischbrühe, von welcher das Wasser durch Abdampfen getrennt wurde; es ist also eine reine Essenz des Fleisches. Es wird aus dem besten und frischesten Rindfleische bereitet, und ein Pfund des Extracts enthält die löslichen Theile von dreißig Pfund ganz reinen, fettfreien Fleisches. Ein Heilmittel ist dieses Extract, welches einen nicht unbedeutenden Gehalt an phosphorsauren Salzen und Eisenoxyd besitzt, in dem Sinne, als es, auch bei der schwächsten Verdauung, dem Blute Stoffe zuführt, die zur kräftigern Ernährung des heruntergekommenen Körpers viel beitragen. Es ist deshalb bei dem Hungertyphus, der Reconvalescenz von Krankheiten, bei Blutmangel und auszehrenden Leiden weit mehr zu empfehlen, als die von Aerzten in solchen Fällen verordnete Arznei aus Chinin und Eisen, die niemals kräftigt, in der Regel aber sehr bald den Magen verdirbt. Nur darf man nicht, wie dies manche Aerzte ganz mit Unrecht gethan haben, vom Liebig’schen Fleischextracte verlangen, daß es ganz allein die Ernährung unseres Körpers unterhalten soll. Nur durch seine Verbindung mit eiweißstoffigen, fetten und fettbildenden Nahrungsstoffen, wie: mit Ei, Fleisch, Hülsenfrüchten, Mehlspeisen, Gemüse und Kartoffeln, Fleischfett oder Butter etc. wird es zum nahrhaftesten Nahrungsmittel. – In kleinen Quantitäten kann man das Fleischextract zur Kräftigung und Verbesserung von Suppen, Saucen, Ragouts, überhaupt als Würze vieler Speisen (besonders der aus Gemüsen und Hülsenfrüchten) verwenden. Daß man in Haushaltungen und Speisehäusern große Ersparniß damit erzielen kann, liegt auf der Hand.

Wir verdanken dieses der Menschheit sicherlich noch großen Nutzen schaffende Fleischextract, welches in keiner Haushaltung (zumal auf dem Lande) fehlen sollte, dem berühmten Chemiker, der sich auch um die Ernährung unserer Nahrungspflanzen große Verdienste erworben hat, dem Professor v. Liebig in München. Ihm verdanken wir ferner auch, daß dieses werthvolle Extract im Verhältniß zu seinem Nährwerthe so billig zu haben ist. Denn er veranlaßte, daß dasselbe in Ländern bereitet wird, wo das frische beste Rindfleisch außergewöhnlich billig ist, nämlich in den La-Plata-Ländern und in Brasilien. Damit es hier – zur Zeit in Fray-Bentos (Uruguay) unter Leitung des Herrn Giebert – aber auch wirklich nach seiner Methode richtig bereitet werde, überwachen zwei von Liebig selbst ausgewählte Liebig’sche Schüler die Herstellung und weitere Behandlung des Extractes, der eine bei dem Etablissement in Südamerika, der andere bei dem Generaldepot in Antwerpen. Schließlich wird aber auch noch, vor der Auslieferung des Extracts, durch von Liebig selbst und seinen Delegirten v. Pettenkofer eine Untersuchung des Extracts vorgenommen. So kann demnach der Käufer sicher sein, daß er echtes Liebig’sches Fleischextract bekommt. Die auf dem Topfe befindlichen Etiquetten, welche die Fabrikmarke, so wie die Unterschriften der Herren v. Liebig und v. Pettenkofer tragen, müssen natürlich vom Käufer beachtet werden.[1]

Das echte Liebig’sche Fleischextract stellt einen hellbraunen, klebrigen, dicklichen Brei dar, der einen kräftigen Fleischgeruch und in heißem Wasser verdünnt und mit etwas Salz versetzt, einen angenehmen Fleischbrühgeschmack hat. Ein Viertel Theelöffel des Extracts reicht zu einer Tasse guter Bouillon hin und diese ist in wenig Minuten herzustellen; ein Pfund vom Extract mit Zusatz von Kartoffeln und Brod bildet eine kräftige Suppe für einhundertunddreißig Mann. Liebig selbst läßt in seiner Haushaltung eine Suppe davon, und zwar eine sehr schmackhafte, auf folgende Weise für sieben Personen bereiten: man nimmt zwei preußische Quart Wasser, setzt ein halbes Pfund grob zerschlagene Knochen oder zwei Loth Ochsenmark, so wie Suppengemüse hinzu, kocht bis zum Weichwerden der Gemüse (etwas über eine Stunde), nimmt alsdann die Knochen heraus und setzt zwanzig Gramm (11/4 Loth Zollgewicht) amerikanisches Fleischextract (aber nicht mehr) und die nöthige Menge Salz hinzu. Man ist dann nicht im Stande herauszuschmecken, daß diese Suppe aus Fleischextract und nicht aus frischem Fleische bereitet ist. – Dieses Fleischextract ist aber nicht etwa mit der Tafelbouillon (Consommé) zu verwechseln, denn diese ist nichts anderes als Tischlerleim. Auch hüte man sich vor anderen billigeren Fleischextracten, die in der Regel nur eine gallertartige, aus Leimsubstanz bestehende Masse sind, die leicht schimmelt, während das echte Extract durchaus nicht zum Schimmeln geneigt ist. Dasselbe conservirt sich, sogar ohne besondere Vorsicht, in jedem Klima und zwar viele Jahre lang.

Nach dem Liebig’schen Fleischextracte ist am meisten empfehlenswerth:

die condensirte oder concentrirte Milch,

welche vorzugsweise in der Schweiz bereitet wird und zwar, soviel dem Verfasser bekannt ist, an zwei Orten, nämlich in Cham bei Zug (von einer amerikanischen Gesellschaft) und in Vevey (von G. Keppel). Liebig hat die Chamer Milch analysiert und stellt ihr das Zeugniß aus, daß sie aus nichts Anderem als aus Kuhmilch und dem besten Zucker besteht, daß sie alle Eigenschaften einer vollkommen reinen versüßten Milch besitzt und daß deren vorzügliche Eigenschaften sie bald in den großen Städten, wo es täglich schwieriger wird, reine Milch zum Gebrauche in den Haushaltungen zu erhalten, einbürgern wird. Diese concentrirte Milch, die entweder in trockener oder in dickflüssiger Form zu haben ist, vertheilt sich in vier und ein halb bis fünf Theilen Wasser zu einer Flüssigkeit, welche alle Eigenschaften einer vollkommen reinen Milch hat, die mit etwas Zucker versüßt ist. Sie kann im Geschmacke nicht von frischer abgekochter Milch unterschieden werden und enthält: Wasser 22,44 und feste Substanzen 77,56; letztere werden von zugesetztem (feinem Colonial-)Zucker, von Butter, Milchzucker und Käsestoff von der in einem sogenannten Vacuum-Apparate eingedämpften Milch gebildet. Was nun Herr v. Liebig von der Chamer Milch sagt, kann Verfasser mit gutem Gewissen auch von der condensirten Milch des Herrn Keppel in Vevey und Kempten behaupten. Diese Milch, aufgekocht, hat einen äußerst angenehmen Geschmack nach guter, frischer, sahniger Milch, besitzt einen großen Nährwerth und dürfte auch zur Ernährung von Säuglingen sehr passend sein.

Die Malzextrakte,

sowie die verschiedenen Malzpräparate können, da sie keine oder nur äußerst wenige Eiweißstoffe enthalten, dagegen sehr reich an Zucker sind, nur an Stelle von fettigen und fettbildenden Nahrungsmitteln und Heizungsstoffen genossen werden. Sie lassen sich ziemlich leicht verdauen und können, weil sie keine gegohrenen Producte sind, weder durch Gehalt an Spiritus, noch durch ihre Kohlensäure und Hefe schaden. Beim Hoff’schen Malzextract ist dies aber der Fall, und deshalb gehört dieses dünne, mit mehreren Kräutern versetzte Braunbier gar nicht hierher und ist seines hohen Preises wegen zu den Geheimmittel-Schwindeleien zu rechnen.

Von den mir bekannten und benutzten Malzextracten kann ich empfehlen: 1. Das Malzextract von Löffland in Stuttgart, welches mit Liebig’s ausdrücklicher Genehmigung dargestellt ist; 2. das chemisch-reine, von Dr. Linck bereitete Malzextract, welches einen kleinen Zusatz feinen Hopfens hat und in Stuttgart verkauft wird; 3. das nach Linck in der Fabrik von M. Diener in Stuttgart bereitete Malzextract; 4. das kleberhaltige Malzpräparat des Dr. Döbereiner in Freiburg an der Unstrut, welches außer seinem Eiweiß-(Kleber-)Gehalte auch noch die phosphorsauren Salze der Gerste enthält; 5. das Trommer’sche Malzextract; 6. das Fleischer’sche stark- und schwachgehopfte Malzextrakt (in Leipzig); 7. der Malz-Syrup von C. I. Uhlig in Charlottenburg. Alle diese Malzextracte können in Wasser, Bier, Milch etc. und nach Bedürfniß in kleinerer oder größerer Quantität genossen werden. – Daß die Malzpräparate als ausgezeichnete Heilmittel bei Lungenkrankheiten und dergleichen nützen könnten, ist kindischer Aberglaube.

Bock.



  1. In Leipzig haben Brückner, Lampe und Comp. ein Hauptdepot dieses Fleischextracts, und nirgends kann man dasselbe wohlfeiler erhalten als hier, da alle Depots dieselben Preise haben Das Pfund kostet 3 Thlr. 25Ngr., das Viertel-Pfund 1 Thlr.; bei Abnahme von fünf bis hundert Pfund kostet das Pfund nur 3 Thlr. 11 Ngr. und bei Abnahme von zweihundertundfünfzig Pfund blos 3 Thlr. 9 Ngr.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_187.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)