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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Handarbeiten unvollendet. Ueberall herrschte Ordnung und Reinlichkeit, aber die größte Dürftigkeit. In einem armseligen Bette lag die Kranke, deren Fieberzustand sich deutlich zu erkennen gab.

Diese äußeren Umstände bewegten ihn noch mehr. Er trat zum Bette und befragte die Kranke über ihren Zustand, daß sie ihn für einen Arzt hielt. Sie sagte ihm, was er wissen wollte, dann setzte sie hinzu, wie unglücklich sie sei, und wie für sie der Tod das beste Heilmittel sein würde, wenn er ihr nicht dadurch schrecklich erschiene, daß sie ihre beiden Söhne im hülflosesten Zustand zurücklassen müßte; das zerreiße ihr Herz.

Der vermeintliche Arzt spricht ihr Trost ein und die Art, wie er dies thut, ist so wohlthuend und Vertrauen erweckend, daß sie ihm ihr Herz erschließt, und alle die Schläge des Unglücks ausführlich erzählt, welche der Sohn auf der Straße ihm nur angedeutet hatte. Er horchte ihr mit bewegtem Herzen, tröstete sie dann und redete ihr inniglich zu, dafür zu sorgen, daß ihr theures Leben für ihre Kinder erhalten bliebe. Darauf bat er sie um etwas Papier. Aber das fehlte der Armuth. – Auf dem Bette lag ein Gebetbuch, der Wittwe Trost. Er nahm es in seine Hand, und sagte: „Das weiße Blatt hier ist überflüssig, und reicht mir aus.“ Er löste es ab und der Knabe reichte ihm sein Tintenfäßchen und seine Feder. Der vermeintliche Arzt setzte sich an den Tisch und schrieb. Darauf drückte er der Kranken die Hand, sprach noch im liebevollsten Tone Worte des Trostes und ging.

Kurze Zeit darauf kam der älteste Sohn zurück.

„Liebe Mutter,“ rief er freudig, „Gottes Gnade verläßt uns nicht! Ein großmüthiger Fremder hat mir fünf Dollars gegeben. Gott segne ihn! Nun wird der Arzt gleich kommen, und ich hoffe auf Gottes ferneren, gnädigen Beistand! Fassen Sie Muth!“

Die Mutter zog ihre Kinder an ihr Herz und betete über sie. Dann sagte sie:

„Du riefst einen Arzt? Seltsam, er ist schon dagewesen!“

„Unmöglich!“ sagte der Sohn verwundert.

„Doch, Kind,“ versetzte die Mutter, „und er ist auch ein rechter Arzt für die Seele. Ach, wie liebevoll tröstend waren seine Worte. Dort liegt das Recept, das er geschrieben hat!“ – Sie deutete nach dem Tische, wo das beschriebene Papier lag. Betroffen eilt der junge Mensch zum Tische, liest das, was der Fremde geschrieben hat, und beginnt zu zittern.

„Mutter,“ ruft er, „es ist kein Recept! Hören Sie!“ Und er liest eine Verschreibung auf eine sogleich zu erhebende, sehr bedeutende Summe.

Die Mutter richtet sich voll freudigen Schreckens auf. „Die Unterschrift, mein Sohn, die Unterschrift!“ ruft sie aus.

„George Washington!“ liest der junge Mensch – „Präsident des Congresses!“

Da sinkt die Kranke ohnmächtig zurück. Zum Glücke für die trostlosen Söhne, die glaubten, ihre Mutter sei gestorben, kommt der Arzt, und es gelingt ihm, die Mutter bald wieder zu beleben. Es war ein edler Mensch, und auch er liest mit tiefer Bewegung die Schrift Washington’s.

Der edle Mann ließ es dabei nicht bewenden. Nach einigen Tagen kam er wieder und fand zu seiner Freude die Wittwe auf dem Wege der Genesung. O, wie waren sie dankbar! Wie ergriff es ihn, als die Kinder sich seiner Hände bemächtigten und sie mit Küssen bedeckten, mit Thränen benetzten! Was er brachte, war noch mehr. Er hatte bei einem ihm befreundeten wackern Kaufmanne dem ältesten Sohne eine Lehrlingsstelle ausgemacht, in die er sogleich eintreten konnte, und dem Jüngsten hatte er den Eintritt in eine tüchtige Schule erwirkt. Die Gabe aber setzte die Wittwe in den Stand, in ihren bescheidenen Verhältnissen ohne Mangel zu leben. Und unter dem sorgenvollen Werke seines hohen Berufes behielt er noch Zeit, sich nach seinen Pflegebefohlenen zu erkundigen, und der Wittwe seine fortdauernde Fürsorge zuzuwenden, was er bis zu der Zeit getreulich that, daß der Aelteste, der das volle Vertrauen seines Prinzipals rechtfertigte, eine Stellung in dem Handelshause gewann, die ihn in den Stand setzte, reichlich für die Mutter und für die Bildung und das Fortkommen des jüngsten Bruders zu sorgen.

Als die Dankbarkeit das auferlegte Geheimniß brach, da war in ganz Philadelphia nur eine Stimme: „Gott segne den edeln Retter des Vaterlandes und der Unglücklichen! Gott segne Washington!“




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Leipzig, im Oktober 1856.

Ernst Keil.


Aus der Fremde Nr. 43 enthält:

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          Neueres von Australien. – Neueres von den Sandwichinseln. – Aus Sonora.



Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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