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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

Blätter und Blüthen.

Wie amüsirt sich der Amerikaner? Der eingeborene Amerikaner, der ächte Yankee kennt nur das „Geldmachen“, von einem gemüthlichen Familien- oder Gesellschaftsleben, wie es dem Deutschen, Franzosen oder Engländer Bedürfniß ist, hat er keine Idee. Der Amerikaner versteht sich nicht zu amüsiren und seine Bestrebungen, sich die Freistunden auf angenehme Weise zu kürzen, bestehen nach den Atlantischen Studien in Folgendem:

Er geht mit seinen Ladies spazieren und spricht von der Bibel und der Predigt am letzten Sonntage.

Er ladet eine Abendgesellschaft ein, die der Superlativ von Langweiligkeit ist. Um seinen Tisch im Kreis herum sitzen die Ladies, wie Pfauen aufgeputzt und die Herren schüchtern wie Täubchen. Zu dem ewig gleichen Gespräch von dem Herrn Pfarrer und seiner Predigt, von den Geisterklopfereien oder der letzten Dampfschiffexplosion, in Folge deren fünfzig Menschen wie Krebse gesotten wurden, wird „a cap of tea“ und einige Traubenrosinen und Knackmandeln gereicht, wonach man sich unter Complimenten und devoten Handreichungen gegen 10 Uhr ehrbar nach Haus verfügt und in einem abgelegenen Zimmer eine Cigarre raucht, während die Ladie ihr Abendgebet verrichtet.

Er schleicht sich ein oder zwei Mal des Tages aus seiner Expedition oder Werkstatt hinweg, schlüpft in eine Trinkstube, wo er mit Hast ein Glas Brandy leert, kehrt aber eiligst zurück, als wenn Donnerkeile hinter ihm hergeschleudert würden.

Er geht in einer müßigen Stunde in das Gastzimmer eines Hotels, setzt sich auf einen Stuhl an das offene Fenster, streckt die Beine heraus, so daß die Vorübergehenden vom ganzen Manne nichts weiter sehen als die Schuhsohlen, und liest eine Zeitung.

Er begleitet die Ladies in eine Conditorei und richtet eine vandalische Verheerung unter dem Zuckerwerke an. Er kaut Taback.

Er hält Bankette und bringt die Toaste mit einer Tasse Thee aus.

Er besucht zuweilen ein Concert und bewundert die Pastoralsymphonie von Beethoven, weil ein Donnerwetter darin vorkommt.

Er pfeift den „Yankee-doodle.“

Er fährt oder reitet um die Wette und bricht den Hals.

Er macht alljährlich eine Reise, d. h. er fährt von einer Stadt zur andern und trinkt in jeder einen Rum.

Er hält Paraden.

Er läßt sich explodiren.

Die Frauen amüsiren sich geistiger als ihre Gemahle. Die Pflege der Literatur und Kunst ist in ihren Händen, aber nur die Langeweile treibt sie dazu, nicht das Bedürfniß. Sie amüsiren sich eben nur damit, sie tändeln sentimental und kennen ein tieferes Interesse, ein wirkliches Verständniß der Kunst- und Literaturheroen gar nicht. Wenn man seine Ohren auf die grausamste Weise maltraitiren will, muß man eine ächte Amerikanerin Klavier spielen lassen.




Wie schwer ein Mann und wie schwer ein Weib wiegt. Dr. G. Blöde aus Dresden hat in der in Detroit (Staat Michigan) erscheinenden „Atlantis“ einen langen Artikel über „die Frauenrechtsfrage“ veröffentlicht, worin er aus physischen und physiologischen Gründen alle Emancipation des weiblichen Geschlechts, so weit sie eben über die von der Natur bedingten Beschränkung des schwachen und schönen Geschlechts hinausstrebt, sehr klar zurückweist. Um zunächst den Maß- und Gewichtsunterschied beider Geschlechter in Durchschnittszahlen anschaulich zu machen, sagt er, daß der Mann zwischen dem 30sten und 40sten Jahre eine normale oder Durchschnittslänge von 1,68 Meter (in Decimalbruchverhältnissen), das Weib dagegen nur von 1,579 Meter habe (ein Meter ist 3 Fuß, 2 Zoll, 2,8 Linien). Das durchschnittlliche Gewicht des Mannes 63,67 Kilogramme (gleich 135,6 Pfund), das des Weibes nur 56,16 Kilogramme oder 119,6 Pfund betrage. Dieser Unterschied ist bei den innern Organen noch viel bedeutender, da das weibliche Geschlecht mehr Gewicht in den Muskelhüllen hat, welche die rundere, schönere Form bedingen. Das Durchschnittsgewicht eines männlichen Gehirns ist 56 Unzen 147 Gran, das des weiblichen blos 48 Unzen 63 Gran. Das männliche Herz wiegt 11 Unzen 400 Gran, das weibliche 9 Unzen 275 Gran. Aehnlich ist’s mit Leber, Nieren u. s. w. Die weibliche Form bleibt der kindlichen näher, daher unentwickelter. Andere Hauptunterschiede sind bei dem weiblichen Körper: Zartheit und geringere Länge der Knochen, schwächere Muskelauswirkung bei reicherer Fettumhüllung wie beim Kinde, schlankere Form des Ober- und Unterarms, schmälere Hand, geringere Länge der untern Gliedmaßen im Verhältniß zum Rumpfe, größeren Umfang des Unterleibes im Verhältniß zur Brust, Höhe und Zartheit der Stimme, Feinheit und geringere Entwickelung der Formen des Kopfes und der Gesichtszüge, Ueberwiegen des Schädels gegen das Gesicht, größere Feinheit der Nerven (mit Ausnahme des Geruchs), zarterer Bau und deshalb feinere Färbung der Haut, größere Feinheit, Weichheit, Ueppigkeit und Länge des Haares bei dessen Beschränkung in Betreff der Flächenausdehnung (es fehlt im Gesicht) – Alles Eigenthümlichkeiten des weiblichen Körpers, die er mit dem des Kindes theilt. Der Mann athmet stärker, energischer und producirt und consumirt mehr Lebenskraft. –

Alle diese wesentlichen, physischen und physiologischen Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern sind ewig und unabänderlich und lassen sich durch keine Art von Emancipation beseitigen, so daß das Weib in der eigens männlichen Sphäre immer eine Unnatur, eine Schwäche, eine Lächerlichkeit sein und bleiben würde. Das Weib kann sich also blos innerhalb seiner Sphäre emancipiren und muß es, denn gerade innerhalb dieses Kreises giebt’s noch sehr viel zu thun. Man glaubt dem schönen Geschlechte nur immer etwas Schönes sagen zu dürfen. Gut, aber man weiche auch der Wahrheit nicht aus. Und so ruft Blöde aus: „,Wer sind die fanatischsten Anhänger der tollsten Sektenlehren, wer die sorgsamsten Pfleger der Frömmelei und der Werkheiligkeit? Wer hat den Unsinn der Pochgeister aufgebracht zur Schande des neunzehnten Jahrhunderts? Wer sind die eifrigsten Kunden der Wahrsagerinnen und Kartenlegerinnen? Also zunächst Emancipation von trüber, abergläubischer, auf Unwissen beruhender Gefühls- und Eigensinns-Tyrannei! Nur geläuterte, hochgebildete Frauen hatten segensreichen Einfluß auf die Kreise des Mannes. Man erinnert an Aspasia, an die Josephine Napoleon’s, an Washington’s Gattin. Alle großen, edeln Männer aller Zeiten und Völker sind stets von gebildeten, edeln, ächt weiblichen Müttern erzogen worden. Hier ist das herrlichste Feld für die schönste, erhabenste Wirksamkeit des weiblichen Geschlechts. Edle Mütter und schöne, sittige Schwestern wirken auch wie Engel des Himmels auf entfernte Söhne und Brüder. Ein Gymnasiast, ein Student, ein Jüngling allein und frei in der Welt wird nie gemein denken und handeln, wenn er mit einer edeln Mutter, mit einer unentweihten, zartsinnigen Schwester in Briefverkehr steht. „So ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in’s Himmelreich kommen.“ Das Weib bleibt körperlich kindähnlich, also im Himmelreiche und ist deshalb bestimmt, den in der Welt schaffenden Mann als kindlicher, himmlischer Genius zu begleiten, aber nicht selbst ein Mann zu werden. –




Die Blätter zum Licht, die Wurzeln zum Dunkeln: das ist ein Gesetz des Wachsthums, dessen Unabänderlichkeit ein in Berlin angestellter Versuch recht lebendig darthat. Man verschloß einen langen Kasten hermetisch gegen jede Lichteinwirkung von oben herab, säete auf einem Drahtgitter an der oberen Decke im Innern des Kastens Erbsen-, Bohnen- und Kressensamen in feuchtes Moos und brachte am untern Ende des Kastens ein kleines Loch an, worin ein unter dem Kasten an einer Wand befestigter Spiegel das Sonnenlicht so in die Höhe warf, daß es die Samen von unten herauf beschien. Und siehe: nun richteten sich beim Keimen der Samen die Wurzelchen in die lichtere Höhe, während die Blätter der Stenglein nach unten, dem lichtgebenden Spiegel zu,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_555.jpg&oldid=- (Version vom 15.4.2020)