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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853)

wie es zu Stande gebracht wird, ist bekannt. Um einen runden Tisch bilden 4, 5 oder 7 Personen eine Kette. Die auf diese Weise um den Tisch Placirten dürfen weder ihre Füße untereinander, noch den Fuß des Tisches berühren; sie stehen mit dem letzteren und unter sich nur vermöge der Kette in Verbindung, die dadurch gebildet wird, daß jeder Einzelne seine beiden Hände auf den Tisch legt und mit seinen kleinen Fingern jene des Nachbars berührt, und zwar so, daß der kleine Finger der rechten Hand auf dem kleinen Finger der linken Hand des Nachbars zur rechten Seite ruht. Die Kleider dürfen sich nicht berühren und bei mehren Versuchen hat es sich als praktisch herausgestellt, wenn die Kette abwechselnd durch das männliche und weibliche Geschlecht gebildet wurde. Man kann dabei sprechen, lachen und scherzen, darf aber die Kette keinen Augenblick unterbrechen. Nach 30 oder 40 Minuten, oft erst nach 11/4 Stunde beginnt nach und nach der Tisch zu ächzen, zu knacken, hebt sich, wenn auch wenig, und fängt dann plötzlich an sich zu drehen, erst langsam, dann immer rascher und rascher, daß die Kette kaum folgen kann. Sobald sich die Kleider berühren oder die Kette gesprengt wird, steht der Tisch, sobald die Kette wieder geschlossen, beginnt der tolle Tanz von Neuem. Bei einzelnen Versuchen hat das Kreisen schon nach 4 und 6 Minuten begonnen, bei den meisten ist es ganz verunglückt. Man erzählt sich, daß durch das Eintreten eines Knaben W. in Leipzig in die Kette sofort das Kreisen begonnen habe; nachdem er herausgetreten, konnte trotz aller Bemühungen der Anwesenden der Tisch nicht in Bewegung kommen.

Den Grund und die Ursache dieser merkwürdigen Erscheinung suchen die Meisten in einem thierisch-magnetischen Fluidum, das mehr oder weniger jedem Menschen innewohnt und durch den kettenartigen Verband mehrer Personen zu einer kreisenden Strömung gebracht wird, die so mächtig und eigenthümlich wirkt, daß dadurch sogar todtes Holz zu einer Bewegung gebracht werden kann. Viele Personen wollen diese Strömung bei den Versuchen ganz deutlich in den Fingern und Armen gefühlt haben, auch wird allgemein angenommen, daß durch sogenannte Sensitive (nervös-erregte) das Experiment bei Weitem leichter und schneller zur Ausführung gebracht werden könne. Viele Ungläubige, die anfangs das Faktum abläugneten, haben sich durch den Augenschein von der Wahrheit desselben überzeugt.

Dagegen erklärt ein Herr Siebert in der neuesten Nummer der Augsburger Allgemeinen Zeitung das Ganze für ein Kinderspiel, das schon vor 30 Jahren vielfach geübt wurde. Das Schließen der Kette ist nach seiner Versicherung völlig überflüssig, das Berühren oder Nichtberühren der Kleider von keinerlei Einfluß und von einer elektro-magnetischen Einwirkung gar keine Rede. Das Auflegen der Hände auf den Tisch genüge, um nach einiger Zeit die vielbesprochene Bewegung hervorzurufen. Diese Bewegung entsteht, nach seiner Ueberzeugung, durch das Zittern der Hände und Arme.

Er bezeichnet es geradezu als einen großen Irrthum, daß man glaube, der Bewegung des Tisches nachzulaufen, während man sie doch selbst veranlasse. Man schiebe, während man glaube nachzulaufen. Sein Bericht schließt mit einigen derben Seitenhieben auf die Leichtgläubigkeit der Jetztwelt und auf die neuerdings erwachte Lust an allen mysteriösen Dingen.

Was den Schreiber dieser Zeilen anlangt, so will er sich vorläufig jedes Urtheils enthalten. Die elektro-magnetische Strömung im Menschen ist keine neuentdeckte Kraft, jeder Gebildete kennt deren Existenz. Ihre Einwirkung auf Holz aber wäre neu. Hinzufügen muß er noch, daß zwei Versuche in seinem eigenen Hause – ohne Erfolg blieben.

Wenn sich die Thatsache, d. h. die bewegende Einwirkung des thierischen Magnetismus im Menschen auf Holz und andere Gegenstände bestätigen sollte – welche ungeheuren Folgen würden sich daran knüpfen? Welche Veränderung in allen Maschinen, in der Heillehre, in Beförderungsmitteln etc. etc. Aber: Wer das Wenn und das Aber erdacht etc. etc.




Ein Spaß. Ein junger Student in L. ging vor einigen Tagen mit dem Professor spatzieren, der wegen seiner persönlichen Fürsorge für die jungen Herren überall der Studentenfreund heißt. Als sie auf das Feld kamen, entdeckte der Student ein Paar alte Schuhe am Wege, die einem armen Manne, der auf dem Acker arbeitete, gehören mochten. „Wir wollen dem Manne mal einen Streich spielen und seine Schuhe verstecken,“ sagte der Student zum Professor. „Wenn wir uns hinter die Bäume dort verstecken, können wir sehen, wie er sich haben wird.“ „Lieber Freund, man sollte sich doch wohl niemals einen Spaß auf Kosten der Armen machen,“ entgegnete der Studentenfreund; „doch ich will auf Ihren Vorschlag eingehen: spielen wir dem Manne einen Streich. Sie sind reich; stecken Sie in jeden Schuh einen harten Thaler und dann wollen wir hinter den Bäumen abwarten, wie er sich haben wird.“

Der Student ging darauf ein, versteckte in jeden Schuh einen harten Thaler und dann mit dem Professor sich selbst. Da es schon Abend war, brauchten die Herren nicht lange auf die Wirkung ihres Schabernacks zu warten. Der arme Mann kam bald heran, zog seinen Rock an und schlüpfte zu gleicher Zeit in den einen Schuh. Da er etwas hartes darin fühlte, bückte er sich und fand bald das Stück Geld. Erstaunen und Wunder spiegelten sich auf seinem faltigen Gesichte; er starrte den Thaler an, schlug auf einen Stein, um die Aechtheit des Geldes zu prüfen, drehte sich um und wieder um, sah sich dann nach allen Seiten um, und da er Niemanden sah, steckte er endlich das Geld in die Tasche. Jetzt zog er den andern Schuh an. Sein Erstaunen, als er den andern Thaler fand, war lächerlich erhaben. Er stürzte auf seine Kniee, betete gen Himmel mit nassen, dankbaren Augen und dankte dem wunderbaren Gotte im Himmel so laut und inbrünstig, daß die Versteckten jedes Wort vernahmen. Er sprach von seinem kranken, hilflosen Weibe und den kleinen Kindern, die nun der Himmel nicht verlassen werde. –

Der junge Mann stand erschüttert und konnte sich der Thränen nicht erwehren. „Gefällt Ihnen mein Schabernack nicht besser, als der Ihrige?“ fragte der Professor.

Kein Wort hat der junge Mann gesagt, aber die Hände des „Studentenfreundes“ hat er geküßt unter Thränen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1853). Leipzig: Ernst Keil, 1853, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1853)_165.jpg&oldid=- (Version vom 11.4.2020)