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ständig in Bewegung sein und es wird keine Explosion mehr gehen. Und ein solches Bergwerk ist kein Traum mehr; man hat es schon in England: wir haben es besucht. Auch hier ist die Schonung der Menschen nur eine einfache Frage der Sparsamkeit. Das Bergwerk, von dem wir sprechen, liefert trotz seiner ungeheuren Tiefe von 430 m bei 200 Arbeitern täglich 2000 Tonnen Steinkohle, d. h. 5 Tonnen pro Arbeiter und pro Tag, während die durchschnittliche Jahresleistung eines Arbeiters bei 2000 englischen Gruben einer Förderung von 300 Tonnen im Jahre, also etwas mehr als einer Tonne im Tage gleichkommt.

Wenn es nötig wäre, so könnten wir die Beispiele beliebig vermehren und zeigen, daß, soweit es die Organisation der notwendigen Produktion anlangt, der Traum Fouriers keineswegs eine Utopie ist.

Doch dieser Gegenstand ist so häufig in den sozialistischen Journalen behandelt worden und es hat sich darüber schon eine feste Meinung gebildet. Die Manufaktur, die Fabrik, das Bergwerk könnten ebenso gut gesund, ebenso schön sein, als die besten Laboratorien der modernen Universitäten. Und sie werden umso besser organisiert sein, je produktiver die menschliche Arbeitskraft wird.

Kann man noch daran zweifeln, daß in einer Gesellschaft von Gleichgestellten, wo Menschenarme nicht mehr gezwungen sind, sich feilzubieten, die Arbeit wirklich ein Vergnügen, eine Erholung werden wird? Die abstoßende und ungesunde Arbeit wird verschwinden, denn es ist klar, daß sie unter diesen Bedingungen der gesamten Gesellschaft nur schädlich sein kann. Sklaven können sich ihr hingeben; der freie Mensch wird sich die Bedingungen für eine angenehme und unendlich produktivere Arbeit schaffen. Die heutigen Ausnahmen werden dann die Regel sein.

Ebenso wird es auch mit der häuslichen Arbeit stehen, welche die heutige Gesellschaft auf das Leidens- und Schmerzenskind der Menschheit – auf die Frau abwälzt.

II.

Eine durch die Revolution regenerierte Gesellschaft wird auch die Knechtschaft am Herde beseitigen – diese letzte Form der Knechtschaft, die zäheste vielleicht, weil sie auch die älteste ist. Schwerlich wird sie aber in einer Form beseitigt werden, wie sie von den Anhängern der Phalansterie erträumt wurde, noch so, wie es sich die autoritären Kommunisten so häufig denken.

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Auf die große Mehrzahl muß die Phalansterie einfach abstoßend wirken. Der Mensch, und mag er noch so wenig gesellig sein, zeigt sicherlich das Bedürfnis, sich mit seinesgleichen zu gemeinschaftlicher Arbeit zusammenzufinden, zu einer Arbeit, die um so anziehender sein wird, als man sich bei ihr als ein Teil eines großen Ganzen fühlt. Doch es gilt nicht das Gleiche auch für die Mußestunden, für jene, die

Empfohlene Zitierweise:
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, Bernhard Kampffmeyer (Übersetzer): Die Eroberung des Brotes. Der Syndikalist, Berlin 1919, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Eroberung_des_Brotes.pdf/108&oldid=- (Version vom 3.6.2018)