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Anonym: Edda

6
Wie ahndest du, Atli,   also den Zorn?

Brynhild stach sich   selber todt,
Sie die Sigurden   erschlagen ließ.
Was willst du Gudrunen   drum weinen laßen?

7
Der Rabe schrie heiser   vom hohen Baum,

Uns gefährde das Leben   des Schwagers Fall.
Auch sagte mir Brynhild,   Budlis Tochter,
Uns werde Atli   überlisten.

8
Glaumwör wust es   wohl zuvor,

Da wir zuletzt   beisammen lagen.
Widrige Träume   schreckten mein Weib:
„Fahre nicht, Gunnar!   falsch ist dir Atli.

9
„Deinen Sper geröthet   sah ich von Blut,

Den Erben Giukis   den Galgen erbaut.
Ich dachte, die Disen   lüden dich:
Drum traut nicht, Brüder,   man will euch betrügen.“

10
Auch hub Kostbera an,   Högnis Vermählte,

Von verritzten Runen,   abrathenden Träumen.
Doch kühn war das Herz   in der Helden Brust,
Sie bangten beide nicht   vor dem bittern Tod.

11
„Uns ist von den Nornen   das Alter bestimmt,

Uns Erben Giukis,   nach Odhins Willen.
Wider das Schicksal   mag Niemand sich setzen,
Noch von Heil verlaßen   dem Herzen vertraun.

12
„Mich lächert, Atli,   daß du laßen must

Die rothen Ringe,   die Reidmar besaß.
Ich weiß allein nun   wo sie verborgen sind,
Seit ihr dem Högni   nach dem Herzen schnittet.

13
„Mich lächert, Atli,   daß dem lachenden Högni

Dein hunnisch Heer   nach dem Herzen schnitt.
Nicht ächzte der Niflung   als das Meßer eindrang,
Verzog nicht die Braue   bei dem bittern Tod.

14
„Mich lächert, Atli,   daß du laßen mustest

So Manchen der Mannen,   der muthigsten gar,

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/464&oldid=- (Version vom 31.7.2018)