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Anonym: Edda

ihnen übt, nicht wegen Brynhilds Tod, sondern, wie man in solchem Zusammenhang (mit W. Grimm) voraussetzen muß, wegen des unerlaubten Umgangs mit Oddrun. Wie diese jetzt Str. 29 zu Geirmund kommt, wo sie Gunnars Harfenspiel vernimmt, erfahren wir nicht. Sie war, heißt es nur, dahin gegangen wie öfter geschah, das Gastmal zu rüsten, wie wir sie Str. 13 auch dem Gunnar das Gastmal zieren sahen; fast scheint es, als ob sie daraus ein Geschäft gemacht hätte. Dieß sind die Mängel in der Erfindung des Gedichts, welche wir zu rügen gedachten; daß Gunnars Betragen der Haltung widerspricht, in der ihn die Edda sonst erscheinen läßt, daß er durch das Verhältniss zu Oddrun herabgewürdigt ist, dieser Bemerkung W. Grimms stimmen wir gleichfalls bei.

Was die Einkleidung angeht, durch welche Oddrun zu ihrer Klage veranlaßt wird, so sind die darin angenommenen Verhältnisse sonst der Sage gänzlich unbekannt, indem sie weder von Borgny, noch von Heidrek und Wilmund weiß. Daß dieser Högnis Mörder gewesen sei, womit doch schwerlich ein anderer als Giukis Sohn gemeint sein wird, ist gleichfalls eine ganz willkürliche Annahme des Dichters, bei der er allerdings freie Hand hatte, da die Sage nicht meldet, wem das Geschäft übertragen ward, ihm das Herz auszuschneiden, obgleich Atlimal 57 vermuthen läßt, es sei Beiti gewesen.

Eigentümlich ist die Darstellung von Sigurds Eintritt in Brynhilds Burg, welche sich Str. 18 und 19 findet. Es ist aber für die Geschichte der Sage wenig daraus zu gewinnen, da der Dichter sich so unbestimmt ausdrückt, daß man nicht weiß ob er von Sigurds erstem oder zweitem Besuche dieser Burg reden wolle. Dem Zusammenhang nach sollte man glauben es könnte nur von dem zweiten die Rede sein, als er für Gunnar um Brynhild warb. Sollte hier unter Burg wieder der Scheiterhaufen zu verstehen sein wie Sig. Kw. III. 62. 63? Daß die ursprüngliche Bedeutung der um Brynhild geschlungenen Wafurlogi die Glut des Scheiterhaufens war, ist oben ausgeführt; aber wäre auch hier bei dem Worte Burg noch an diese früheste Bedeutung gedacht, so blieben doch die Worte: „Kampf ward gekämpft mit welscher Klinge“ unerklärt.

Übrigens gemahnen sowohl Anfang als Ende des Gedichts an deutsche Lieder, die gern in solcher Weise beginnen und schließen. Glücklicherweise spricht sonst nichts in demselben für deutschen Ursprung, da uns gerade dieses Lied auf unsere Rechnung zu nehmen am Wenigsten gelüstet.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/458&oldid=- (Version vom 31.7.2018)